Wuppertals Einfluss schwindet
Im Landtag sind unsere Vertreter fast alle in der Opposition. Aber nicht nur das macht es schwierig.
Wuppertal. Wenn sich der neue Landtag am 1. Juni konstituiert, hat sich für Wuppertal beinahe alles verändert. Denn dort, wo vorher drei direkt gewählte Abgeordnete aus Wuppertal saßen — in der großen Regierungsfraktion, unabhängig von der Partei — ist ab dann kein Wuppertaler mehr zu finden. Die Abgeordneten der SPD, die alle ihre Bezirke gewonnen haben, sitzen dann in der Opposition.
Und damit sitzen sie weit entfernt von der Macht, von den Ministerien, und werden es schwerer haben, die Interessen Wuppertals zu vertreten.
Inwieweit sie inhaltlich mitreden können, ist bisher auch unklar. Die Ausschüsse, die Dietmar Bell, Andreas Bialas und Josef Neumann bisher besetzt haben, stehen noch nicht. Die Ausschüsse folgen den Ministerien. Deren Zuschnitt und Besetzung wird also noch etwas dauern. Die Wuppertaler SPD-Männer sind aber optimistisch, in ihre angestammten Ressorts zurückzukehren. Bell möchte wieder wissenschaftlicher Sprecher der Fraktion werden — und in den entsprechenden Ausschuss einziehen, um für die Bergische Uni mitzukämpfen. „Es wird aber schwieriger“, gibt er zu. Sein Einfluss hänge ja auch damit zusammen, welche Partei das entsprechende Ministerium führe und ob er den Minister und Staatssekretär kenne, sagt Bell.
Die Situation wird dadurch erschwert, dass die CDU-Fraktion zu 64 Prozent aus neuen CDU-Abgeordneten besteht. Es kann also gut sein, dass unbekannte Gesichter oben in den Ministerien sitzen. Für die alten Hasen heißt das, sich neu zu vernetzen.
Was die Ausschüsse angeht, düften die SPD-Männer davon profitieren, dass viele Genossen nicht wiedergewählt worden sind. So sagt Bialas etwa, dass es nicht mehr so viele in der Fraktion gebe, die sich so in den Themen auskennen wie sie. Für ihn gilt das besonders in der Innenpolitik. „Bei der inneren Sicherheit ist es nicht von Nachteil, selbst Polizist zu sein“, sagt er.
Neumann, der wieder auf sein Ressort Arbeit, Soziales und Gesundheit aus ist, sagt, es komme aber auch darauf an, die Ausschüsse nach kommunalen Interessen zu besetzen.
Denn der Landtag insgesamt hat ein — aus Wuppertaler Sicht — strukturelles Problem. Die größte Fraktion in der Regierung ist die CDU, die nur aus Direktkandidaten besteht, die vor allem den ländlichen Raum NRWs vertreten. In der Stadt und unter den Abgeordneten befürchtet man, dass vor allem die die künftige Finanzierung der Städte zum Nachteil Wuppertals ablaufen könnte.
Stadtkämmerer Johannes Slawig sagt, die Entscheidungen über die Kommunalfinanzen seien „überlebenswichtig“ für die Stadt. Sollte der Soziallastenfaktor, der in den vergangenen Jahren stärker gewichtet wurde, niedriger ausfallen, sieht Slawig schnell 20 bis 30 Millionen weniger in der Stadtkasse. Das könne er nicht im städtischen Haushalt zusammenstreichen. Um den schuldenfreien Haushalt zu schaffen, müsse er Steuererhöhungen in Erwägung ziehen.
Damit das nicht passiert, will Slawig selbst Lobbyarbeit starten — und die Abgeordenten der neuen Regierung einladen, und ihnen die Unterschiede zwischen Stadt und Land erklären.
Dass aber umgeschichtet wird, scheint hingegen festzustehen. Marcel Hafke (FDP), der einzige Wuppertaler, der potenziell in der neuen Regierung sitzen kann, sagt, in den vergangenen sieben Jahren sei das Geld zum Nachteil der ländlichen Kommunen verteilt worden. Das solle sich ändern. „Darunter sollen aber nicht die Kommunen leiden, die unterstützt werden müssen“, sagt er. „Wenn die Städte keinen Handlungsspielraum haben, steckt auch das Land in großen Problemen“, unterstreicht Hafke.
Die SPD-Männer bauen auf die Zusammenarbeit mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der FDP. Bell erinnert etwa an das Stärkungspaktgesetz, das nur mit Stimmen aus der Opposition durchgesetzt werden konnte. „Marcel Hafke hat mit daran gearbeitet, das möglich zu machen.“
Bei vielen anderen Themen sind die Oppositionellen und die Stadt entspannter. Bialas sagt, dass es bei der Kultur wenig Differenzen gebe. Er sei schon in Verhandlungen mit dem zuständigen CDU-Mann darüber, das Pina-Bausch-Zentrum in den Koalitionsvertrag aufzunehmen. „Da sehe ich kein Problem, das haben wir immer überparteilich gespielt“, sagt Bialas.
Auch Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) sagt etwa, dass er mit Marcel Hafke aus dessen Zeit in der Jugendpolitik gute Erfahrungen gemacht habe. Gerade, was den Kita-Ausbau und die Jugendarbeit angehe „gibt es eine gemeinsame Sicht“. Die muss Hafke nur als einsamer Wuppertaler in der möglichen Regierung vertreten —und durchsetzen. Die SPD kann das nur aus der zweiten Reihe.