Amstetten: Paparazzi-Jagd auf Opfer und ein Inkognito-Besuch
Die Opfer des Inzest-Dramas in der österreichischen Kleinstadt Amstetten werden mit zunehmender Rücksichtslosigkeit von Fotografen belagert, die sich mit Bildern von den Misshandlungsopfern eine goldene Nase verdienen wollen.
Wien. Wie die Tageszeitung „Österreich“ am Samstag berichtete, wurde in der Nacht zum Freitag ein Fotograf erwischt, der sich auf den Balkon des Krankenhausgebäudes hieven wollte, in dem die 42 Jahre alte Elisabeth F., fünf ihrer Kinder und ihre Mutter psychiatrisch betreut werden. Elisabeth war von ihrem Vater Josef F. 24 Jahre lang in einen Keller gesperrt und vergewaltigt worden.
Auch ein Mitglied des Klinikpersonals von Amstetten-Mauer habe trotz eines ausdrücklichen Verbots ein Foto eines Familienmitglieds aufgenommen und versucht, es für 300.000 Euro zu verkaufen, berichtete das Blatt ferner. Trotz der Belagerung des Klinikums durch die Fotografen wagten sich die Familienmitglieder immer häufiger in den Park des Geländes, berichtete „Österreich“ unter Berufung auf Klinikmitarbeiter.
So sei die 42-jährige Elisabeth als Krankenschwester verkleidet im Garten spazieren gegangen. Ihr jüngster Sohn, ein Fünfjähriger, habe sich einen Traum erfüllt und sei inkognito in einem Schnellrestaurant essen gegangen.
Die 42-Jährige brachte in ihrer Gefangenschaft sieben Kinder ihres eigenen Vaters zur Welt, eines davon starb kurz nach der Geburt. Drei der sechs überlebenden Kinder wurden unter einem Vorwand von Vater Josef adoptiert, drei aber wuchsen im Keller auf und sahen bis zu ihrer Befreiung nie das Tageslicht.
Eine 18-jährige Tochter liegt seit Mitte April im Krankenhaus und befindet sich in ernstem Zustand. Die Krankenhausleitung von Amstetten-Mauer war am Samstag für einen Kommentar zu dem „Österreich"-Bericht nicht zu erreichen. Klinikchef Berthold Kepplinger hatte nach Bekanntwerden der Affäre mehrfach eindringlich betont, die Opfer müssten zur Überwindung ihrer Vergangenheit streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden.