Ein Dorf steht unter Schock

Viele Nachbarn haben nach Bekanntwerden des grausigen Fundes nicht schlafen können. Die erste obduzierte Babyleiche ist ein Mädchen, das lebend und lebensfähig zur Welt gekommen war. Am Mittwoch werden die beiden anderen Kinder untersucht.

Wenden. Die Ruhe ist noch lange nicht wieder eingekehrt im kleinen Dörfchen Wenden-Möllmicke im Sauerland. Genau wie Polizei und Staatsanwaltschaft fragen sich auch die Nachbarn der fünfköpfigen Familie nach den Motiven, warum die 44 Jahre alte Monika H. drei Babys nach einer heimlichen Schwangerschaft und Geburt möglicherweise getötet und in der Kühltruhe versteckt hat.

Doch Erklärungen für das unbeschreibliche Geschehen in dem Fachwerkhaus hat keiner der geschockten Nachbarn. Viele haben die Nacht nach Bekanntwerden des grausigen Fundes nicht schlafen können.

Bis zum Abend hatten viele der 1600 Dorfbewohner noch gehofft, dass sich der Verdacht auf ein Verbrechen nicht erhärtet. Doch dann teilte die Staatsanwaltschaft kurz mit, dass das erste von Rechtsmedizinern untersuchte neugeborene Mädchen lebend und lebensfähig zur Welt gekommen war.

Die Gerichtsmediziner fanden bei dem Mädchen „keine Anzeichen äußererGewalteinwirkung und keine Missbildungen“ Toxikologische und feingewebliche Untersuchungen stehen der Erklärung zufolgenoch aus. Am Mittwoch sollen die beiden anderen Kinder untersucht werden.

Die Nachricht ließ Nachbar Willi Weber noch einmal zusammenzucken: "Wir sind jetzt auf alles gefasst. Die Nachricht, dass es eine Totgeburt war, wäre uns lieber gewesen."

Bereits um vier Uhr morgens war eine Botin in Möllmicke unterwegs und schob eine Zeitung in den Schacht neben der Eingangstür des Fachwerkhauses. "Es war schon ein komisches Gefühl", sagt die 45-Jährige. "Ich habe mit mir gekämpft, ob ich auch die Ausgabe mit dem Unglückshaus auf der Titelseite ausliefern soll. Aber es ist ja mein Job", sagt die Frau, die selbst nur einige Straßen in der Siedlung entfernt wohnt. "Man fragt sich, was in der Frau vorgegangen ist, welche Not sie gehabt haben muss. Man kann die Frau erst Mal nicht verurteilen."

Mit einer Hacke wühlt am Vormittag eine Frau ein paar Meter entfernt in ihrem Vorgarten. Als sie am Montag von dem Fund erfuhr, habe sie alles beiseite gelegt. "Es geht mir nicht mehr aus dem Kopf", sagt die Frau und zupft weiter Unkraut. "Ich versuche, mit den Händen zu arbeiten, aber der Kopf ist woanders."

Während sich am Vormittag wieder Schaulustige vor dem Haus sammeln, ist vom nur 100 Meter entfernt liegenden Kindergarten entspanntes Lachen zu hören. "Ich glaube, die Eltern haben das von den Kindern ferngehalten, uns ist heute nichts aufgefallen", sagt eine Erzieherin. Ein Stückchen Alltag haben sich die Möllmicker trotz des schrecklichen Geschehens noch bewahrt.

"So richtig werden wir das erst verarbeiten können, wenn der Rummel vorbei ist", sagt Willi Weber. Er schätzt, dass die funktionierende Dorfgemeinschaft ihm und seiner Frau und auch den anderen Nachbarn hilft, mit dem Geschehenen klar zu kommen. "Das ist doch anders als in einer anonymen Großstadt", sagt er. Da bleibe jeder mit seinen Gefühlen für sich allein."

Familie H. jedenfalls hält nach Eindruck der Ermittler weiter fest zusammen - was unfassbar klingt, sofern man wie die Polizei davon ausgeht, dass der Ehemann tatsächlich all die Jahre nichts gewusst hat. Die gesamte Familie wird von Psychologen betreut. Monika H. steht unter Schock, sie fühlt sich laut Polizei "sehr sehr schuldig.