„Mama-Ministra“ lässt Stillstehen
Carme Chacón ist Spaniens erste Verteidigungsministerin und hochschwanger. Konservative empört ihre Berufung.
Madrid. Schulterlange blonde Haare, schwarzes kurzes Jackett, lange weite Bluse, die den dicken Schwangerschaftsbauch verdeckt. So zog die "Normalität", wie Spaniens sozialdemokratischer Regierungschef José Luis Zapatero es nannte, vor vier Wochen in Spaniens Streitkräfte ein. Verkörpert durch die neue Verteidigungsministerin Carme Chacón, die da mit angespannter Miene die Ehrenformation abschritt.
Seither hat die Frau an der Spitze des Militärs schon für reichlich Wirbel gesorgt. Den Warnungen ihrer Ärzte zum Trotz hat die im achten Monat schwangere Ministerin sowohl die spanischen Truppen in Afghanistan, als auch Einheiten im Libanon und in Bosnien besucht. Im Schlepptau hatte sie jeweils ein medizinisches Team samt Frauenarzt, um vorbereitet zu sein, falls die Wehen vorzeitig eingesetzt hätten.
Für die Frauen ist die 37-Jährige ein Symbol im Kampf gegen die spanische Macho-Gesellschaft, in der das weibliche Geschlecht bislang noch wenig zu sagen hat. Und dass die Machos die Ministerin durchaus ernst nehmen, zeigen die aggressiven Angriffe auf sie: Chacón sei doch nicht mehr als ein "Maskottchen" für die Streitkräfte, behauptete die katholische Zeitung "ABC".
So eine Art feministische Werbeaktion Zapateros, die aber "beleidigend für die Werte der spanischen Streitkräfte" sei, befand die konservative Tageszeitung "El Mundo".
Eine Frau, die über Spaniens Berufsarmee gebietet, in der inzwischen rund 15 Prozent der Militärs weiblich sind - das ist für Spaniens Männerwelt immer noch eine Provokation. Die gelernte Juristin, frühere Wohnungsbauministerin und langjährige Zapatero-Vertraute ist die erste Frau, die Spaniens Armee als Verteidigungsministerin vorsteht. "Ich werde versuchen, meine Mutterschaft und meine Verantwortung so gut wie möglich zu vereinbaren", verspricht Chacón. "So wie es viele Frauen in unserem Land machen."
Und warum soll das nicht auch beim Militär funktionieren? Die letzte Aufstiegshürde für Frauen in der Armee will Chacón zumindest schnellstmöglich beseitigen: Der Generalsrang, den bisher nur Männer erreichen konnten, soll künftig auch Soldatinnen offenstehen.
Dass sich Spaniens Gesellschaft langsam verändert, ist auch ein Verdienst des mutigen Ministerpräsidenten Zapatero. Er regiert mit einem Kabinett, in dem neun Ministerinnen und acht Minister sitzen. Der Regierungschef will endlich die totale Gleichstellung der Frauen durchsetzen. Keine leichte Aufgabe in einer konservativ-katholisch geprägten Nation, in der die Frauen unter der Franco-Diktatur (1939-1975) praktisch entmündigt waren.
Wenn Chacón vermutlich im Juni ihr Kind bekommt - es soll ein Junge werden - will sie nur für einige Wochen aussteigen. Spätestens für den August plant sie ihre Rückkehr. "Es gibt einfach so viel zu tun", meint sie. Und der Vater Miguel Barroso, ein früherer Regierungssprecher Zapateros, ist ja schließlich auch noch da.