Statistik: Die Zahl der Kindstötungen nimmt ab
Falscher Eindruck nach jüngsten Fällen. Vor 150 Jahren noch mehrere tausend Opfer.
Düsseldorf. Nach den Kindstötungen der jüngsten Vergangenheit ist oft davon die Rede, die Zahl solcher Delikte nehme ständig zu. Die Polizeiliche Kriminalstatistik, geführt vom Bundeskriminalamt, verweist diese Annahme ins Reich der Fabel. Die Daten zeigen, dass die Zahl der Kindstötungen nicht steigt - im Gegenteil, sie sinkt sogar.
So wurden im Jahr 2006 rund 200 Kinder Opfer von Tötungsdelikten, das waren 88 weniger als im Jahr 2000. In 37 Fällen handelte es sich um Mord, in 55 Fällen um Totschlag und in zwölf Fällen um Körperverletzung mit Todesfolge.
Wenn Eltern ihre Kinder töten, sind häufiger Mütter die Täter als Väter - auch wenn es dazu keine gesonderte Statistik gibt. Sofern die Opfer Säuglinge sind, werden sie meist in den ersten 24Stunden nach der Geburt getötet. Experten gehen von jährlich 40 bis 50 Fällen der Tötung von Neugeborenen durch die Eltern aus, die entdeckt werden.
Vor 150 Jahren waren die Opferzahlen wesentlich höher (geschätzt werden mehrere tausend Fälle), um 1950 gab es etwa 300 Opfer pro Jahr. Der Rückgang wird mit einer besseren Beratungssituation in Zusammenhang gebracht.
Statistische Erhebungen gibt es zwar nicht, jedoch wird angenommen, dass zwei bis zehn Prozent der Fälle, die als plötzlicher Kindstod registriert werden, in Wirklichkeit Kindstötungen sind.
Nach Erkenntnissen von Psychologen töten Mütter häufig, weil sie aus ihrer eigenen Situation keinen Ausweg sehen und das Kind nicht allein leben lassen wollen. Die meist gebildeten Mütter begehen dann einen "erweiterten Selbstmord".
Auch eine Wochenbettpsychose, in der die Mütter jeglichen Bezug zur Realität verlieren und ihr Kind verstoßen, kann zu einer Kindstötung führen. Weitere Motive sind die Tötung aus Mitleid, weil das Kind schwer krank ist, oder die Ermordung des gemeinsamen Kindes, um sich nach einer Trennung am ehemaligen Partner zu rächen. Einige Frauen "verleugnen" die Schwangerschaft auch bis zuletzt und töten das Kind dann, um den Partner nicht zu verlieren.