Gute Geschäfte mit dem Bleifuß
Bei jedem Blitz im kleinen hessischen Burghaun klingelt die Kasse des Starenkasten-Herstellers aus Monheim.
Monheim/Burghaun. Wer zum ersten Mal an der silbernen Säule vorbeifährt, könnte sie für abstrakte Kunst halten. Wer zu schnell mit dem Auto an ihr vorbeirauscht, bekommt jedoch ein teures Foto. Die kleine hessische Gemeinde Burghaun in der Nähe von Fulda geht mit ihren Radarfallen neue Wege. Um die Kasse zu entlasten, ist die Kommune mit einem kommerziellen Anbieter einen Deal eingegangen.
Die Firma Robot Visual Systems aus Monheim, weltweit führender Hersteller von Starenkästen, stellte das schicke, 100 000 Euro teure und futuristisch wirkende Gerät an der B27 auf (Foto). Die 6500-Einwohner-Gemeinde spart sich damit Investitionen als Beitrag zur Verkehrssicherheit. Und die Firma bekommt pro Bußgeld einen Anteil von fünf Euro. "Die Kassen sind leer. Deswegen haben wir ein Modell gewählt, bei dem wir kein Steuergeld in die Hand nehmen müssen", begründet Bürgermeister Alexander Hohmann (SPD).
Wie viele Kommunen das mittlerweile auch so handhaben oder planen, dazu kann der ADAC keine Angaben machen. Die Kommunen würden mauern, wenn es darum geht, Auskünfte zu ihren Blitzern zu geben. "Es ist aber davon auszugehen, dass sich diese Methode ausbreiten wird", prognostiziert ein ADAC-Sprecher. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hält das für "denkbar".
Für Burghaun ist das Modell in erster Linie praktisch. Für die beiden Radarfallen wurden Leasing-Verträge über zwei Jahre abgeschlossen. Die Firma kommt als Betreiber für alle anfallenden Kosten auf und kassiert bei jedem Tempo-Sünder. Je mehr Bleifüße desto höher der Leasingbetrag. Burghaun rechnet mit Einnahmen von 60 000 Euro pro Jahr. Rathaus-Chef Hohmann sagt: "Die Firma schaut sich am Ort die Gegebenheiten an und kommt zu einer Einschätzung, ob es ein Standort ist, der sich rentiert. Und es ist offenbar ein guter Standort."
Kritiker stimmt das bedenklich. Es stellt sich die Frage, ob wirtschaftliche Interessen über die Verkehrssicherheit gestellt werden. Und die sei schließlich vorrangig, betont der Hessische Städte- und Gemeindebund. Beutelschneiderei verbiete die Rechtsprechung. Die Firma Robot weist den Vorwurf der Abzocke zurück. "Mit der Standortauswahl haben wir nichts zu tun. Wir sind in diesem Fall nur Dienstleister", sagt Börries Lorenz-Meyer. Mit wievielen Kommunen die Firma zusammenarbeitet, will sie nicht preisgeben.
Auch der ADAC sieht das Geschäft zwischen Kommunen und kommerziellen Anbietern kritisch. "Das Problem ist, dass solch eine Firma nach Kopfprämien abrechnet und allein monetäre Interessen verfolgt. Die wollen natürlich, dass dort gemessen wird, wo mit dem meisten Profit zu rechnen ist", sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer.
Der Haken an dem Modell: Steuergelder drohen der Gemeinde verloren zu gehen. "Problematisch wird es dann, wenn die Einnahmen der Firma die Kosten der Anlage übersteigen", betont Karl-Christian Schelzke vom Hessischen Städte- und Gemeindebund. Damit das Geschäft nicht gar so anrüchig anmutet, hat sich Burghauns Bürgermeister entschieden, die potenziellen Einnahmen der Blitzer-Firma zu deckeln. Wie hoch der Betrag ist, sei noch nicht abschließend ausgehandelt.