Holzklotz-Wurf: „Er kann kein Herz haben“
Der Ehemann des Opfers ist entsetzt über das Tatmotiv. Der geständige Nikolai H. gab als „Zeuge“ ein TV-Interview.
Oldenburg. Umgeben von Feldern und Bäumen steht ein schmuckloser Flachbau in einer kleinen Siedlung in Rastede nördlich von Oldenburg. Die weiße Farbe ist abgeblättert, eines der verdreckten Fenster mit einem Bettlaken verhangen.
In diesem von Gerümpel umgebenen Nachkriegshaus wohnt der Mann, der ein unfassbares Verbrechen begangen haben soll: Nikolai H. hat gestanden, am Ostersonntag von einer Autobahnbrücke einen sechs Kilogramm schweren Holzklotz auf ein Auto geworfen und so eine zweifache Mutter aus Telgte getötet zu haben.
Als Motiv nennt der drogensüchtige 30-Jährige, der nach Berichten von "Spiegel online" vor 16 Jahren mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern aus Kasachstan nach Deutschland gekommen ist, "allgemeinen Frust".
Im Zuge der Ermittlungen trat Nikolai H. zunächst als Zeuge auf. Als die Polizei einen Massengentest ankündigte, erzählte er den Ermittlern, er habe den Holzklotz auf der Brücke gefunden und auf die Seite geräumt. Deshalb seien seine Fingerabdrücke auf dem Holz.
Gleiches behauptete er in einem vergangene Woche geführten RTL-Interview. "Damit der Holzklotz niemanden stört. Weil er richtig am Fahrradweg lag", erklärt er einer RTL-Reporterin. "Vielleicht denken jetzt alle, dass ich das runtergeworfen habe, weil meine Fingerabdrücke dran sind. Wenn einer das gemacht hat, kommt er aber nicht freiwillig und sagt ,Ich habe das gemacht’. Weil 15 Jahre Gefängnis drohen."
Der Kasache wirkt im Gespräch mit der Reporterin unsicher. Auf die Frage, ob ihm die Opferfamilie leid tue, stammelt er: "Natürlich ist das schlimm, weil das jeden hätte treffen können, arme zwei Kinder. Aber die Polizei hat alles: Fingerabdrücke, Speichelprobe."
Nach dem Hinweis der Interviewerin, dass nur von ihm selbst Fingerabdrücke vorliegen, sagt er verunsichert und lachend: "Denken Sie jetzt, ich habe geworfen? Ne, ne, ne." Zum Abschluss gibt es von der RTL-Mitarbeiterin noch die Anmerkung zu einer möglichen Haftverschonung, wenn man sich als Täter stellt.
"Ja, dann gibt es nur sieben statt 15 Jahre Haft", sagt Nikolai H. nervös und dreht sich weg. Ob der Drogenabhängige schon zum Zeitpunkt des Interviews verdächtigt wurde, ist unklar.
Bislang hat sich der 30-Jährige noch nicht näher zu seinen Beweggründen geäußert. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft kündigte gestern aber weitere Vernehmungen an. Unterdessen suchen die Ermittler immer noch nach einer Gruppe von Jugendlichen.
Die vier bis fünf jungen Leute waren schon kurz nach der Tat mit einem Phantombild gesucht worden. Etwa zehn Zeugen wollen sie unabhängig voneinander zur Zeit des Verbrechens in Tatortnähe gesehen haben. Von ihnen erhoffen sich die Ermittler noch genauere Angaben zum Tathergang.
Der Ehemann der getöteten 33-jährigen Olga K. hat angekündigt, dass er in einem möglichen Strafverfahren als Nebenkläger auftreten will. Zudem wolle er für sich und seine beiden Kinder zivilrechtliche Ansprüche stellen.
"Alles kommt wieder hoch: die Dunkelheit, der Knall, überall Blut. Ich bin sprachlos, wenn ich höre, er habe die Tat aus Frust begangen", sagte der 36-jährige Ehemann in einem Fernsehinterview. "Dieser Mann kann kein Herz haben."