Zwei Männer, eine Botschaft
Kronprinz Haakon und Premier Stoltenberg stimmen einen ungewöhnlichen Ton an. Und nehmen die Norweger mit.
Düsseldorf/Oslo. Es ist schon erstaunlich, wie die Norweger auf die Taten vom Freitag antworten. Mit einem Meer von Rosen, mit anrührenden Massenveranstaltungen Hunderttausender reagiert das Fünf-Millionen-Volk auf den Gewaltexzess. Die Menschen rücken zusammen, helfen sich so selbst in der Trauer.
Zwar läuft auch längst die Diskussion über mögliche Fehler der Polizei und ein vielleicht zu liberales Strafrecht. Aber es sind keine schrillen Töne. Dagegen wirkt das Echo im fernen Deutschland in Gestalt der neuen alten Sicherheitsdebatte geradezu hysterisch.
Dass das so ist, ist auch zwei Männern zu verdanken, die den Ton vorgegeben haben. Wie der Leiter eines Orchesters den Ton vorgibt, in den die Musiker dann einstimmen. „Heute sind unsere Straßen mit Liebe gefüllt“, rief Kronprinz Haakon den Massen zu. Und das, nachdem drei Tage zuvor der blanke Hass regiert hatte. Diesem Hass die Liebe entgegenzustellen statt Rufen nach Vergeltung — das nahm die Norweger mit. Haakon wendet den Reflex des „Dagegen“, der sich nach solchen Verbrechen nur zu leicht und zu verständlich gegen Täter und Umfeld fokussiert, in ein „Dafür“.
Er spricht nicht vom Kampf gegen den Terror, sondern vom Kampf für die Freiheit. „Es gibt keine Ausrede mehr für den Kampf um eine freie und offene Gesellschaft.“ Man könne die schrecklichen Morde nicht ungeschehen machen, „aber wir können wählen, was sie mit uns machen“.
Der Kronprinz hat einen Mitstreiter, der in diesen Tagen im Ansehen der Norweger wächst — der bisher als pragmatisch geltende Regierungschef Jens Stoltenberg. Auch er trifft den Nerv in seinem Blick nach vorn, spricht von der „Wärme, die ich aus dem ganzen Land spüre, und die mich sicher macht: Norwegen besteht diese Prüfung.“ Das Land werde nicht aufhören, zu seinen Werten zu stehen. Auch mit diesem Ton des „Dafür“ statt des doch so naheliegenden „Dagegen“ nimmt der Orchesterleiter seine Musiker, der Premier seine Bürger mit.