Ägyptisches Gericht verhängt 683 Todesurteile
Richter wirft den Islamisten Mord vor. Amnesty protestiert.
Minia. Im größten Massenprozess der ägyptischen Geschichte sind am Montag 683 Islamisten zum Tode verurteilt worden. Ein Gericht in der oberägyptischen Stadt Minia sprach die Angeklagten wegen der Teilnahme an gewalttätigen Protesten und wegen Mordes schuldig. Unter den Verurteilten ist auch das Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie. Vor dem von Sicherheitskräften abgeriegelten Gerichtsgebäude brachen Angehörige der Islamisten in Tränen aus.
Bereits vor einem Monat waren in Minia 529 Islamisten zum Tode verurteilt worden — davon wurden nun 37 Urteile von demselben Gericht bestätigt. Nach Angaben von Anwälten wurden alle übrigen Todesstrafen in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Nach Angaben der Verteidiger wurden die meisten Angeklagten in Abwesenheit verurteilt. Denn nur 70 der am Montag schuldig gesprochenen Islamisten befänden sich in Haft.
Auf einen Prozessbeobachter der Menschenrechtsorganisation Amnesty International machte Richter Said Jussif im Prozess einen „zornigen“ Eindruck. Mohammed al-Massiri sagte, Jussif habe lediglich die Urteile verlesen und keinerlei Gründe dafür genannt, dass die meisten Todesstrafen aus dem früheren Prozess abgeschwächt wurden. Medien waren von der Sitzung ausgeschlossen. Die Richtersprüche sind noch nicht rechtskräftig. Todesurteile müssen zudem von Ägyptens Mufti — dem obersten islamischen Rechtsgelehrten — bestätigt werden.
Die Islamisten hatten im Sommer 2013 in der Provinz Minia gegen die Entmachtung des aus der Muslimbruderschaft stammenden Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär demonstriert. Sie sollen unter anderem in der Ortschaft Al-Idwa eine Polizeistation gestürmt und einen Sicherheitsbeamten getötet haben. dpa