Entführer bedrohten ihre Geiseln mit der Kalaschnikow
Deutsche Beobachter waren mit vorgehaltener Waffe gestoppt worden. In Berlin ist eine Debatte um die Mission entbrannt.
Berlin/Geilenkirchen. Eigentlich sollte Ursula von der Leyen gerade in Pristina sein. Eigentlich. Denn jetzt ist die Verteidigungsministerin nicht im Kosovo, sondern in Geilenkirchen — im Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, von dem bisher nur die Fachleute wussten, dass es existiert. Die Entwicklungen in der Ukraine haben die Pläne der CDU-Frau durchkreuzt.
Die Gefangennahme von mehreren westlichen Militärbeobachtern hat die Sorgen in Berlin noch einmal um einiges größer werden lassen. Vier Deutsche aus Geilenkirchen sind in den Händen pro-russischer Separatisten, die als unberechenbar gelten.
Alle Appelle, das Team um den deutschen Oberst Axel Schneider sofort freizulassen, blieben bis Montag Nachmittag ohne Erfolg. Deshalb verschärfte die Bundesregierung abermals den Ton. Inzwischen ist klar von einer „Geiselnahme“ die Rede.
Die Mission der vier Deutschen aus dem Kreis Heinsberg endete abrupt. Jetzt werden die Details bekannt: Unter Schneiders Kommando waren die Militärinspektoren am Freitag etwa 50 Kilometer südlich von Slawjansk mit einem Bus und einem Begleitfahrzeug unterwegs. Plötzlich versperrten zwei Fahrzeuge den Weg. Acht pro-russische Separatisten mit Kalaschnikows stiegen aus, umstellten das Team und nahmen die Beobachter mit nach Slawjansk. Ob die Bundeswehr-Leute in zivil oder in Uniform unterwegs waren, weiß man noch nicht.
Ihre Handys mussten die Ausländer sofort abgeben — was in Deutschland anfangs noch die Hoffnung nährte, dass das Team nur in ein Funkloch geraten sei. Am Wochenende jedoch wurden sie vor den Kameras vorgeführt. Schneider musste sogar behaupten, sie seien „Gäste“. Die Kollegen in Geilenkirchen, die den Oberst und seine Leute kennen, sagen: „Die waren extrem angespannt. Wir sind sehr besorgt.“
In Berlin geht es unterdessen schon wieder um andere Fragen. Dort hat eine Diskussion eingesetzt, was die Bundeswehr-Leute überhaupt im Osten der Ukraine zu suchen hatten. Auch Spionagevorwürfe stehen im Raum.
Die Bundesregierung will von solchen Mutmaßungen überhaupt nichts wissen. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, bezeichnete sie als „total abwegig“. „Das geschieht mit völlig offenem Visier. Das hat mit Spionage überhaupt nichts zu tun. Das ist das genaue Gegenteil.“ Außerdem hält man solche Fragen im Augenblick noch für zweitrangig. Viel wichtiger sei jetzt, dass die Militärinspektoren bald freikommen.