Ärzte warnen: AOK greift in die Behandlungsfreiheit ein

Gesundheitsreform: In Hessen wollen AOK und Kassenärztliche Vereinigung mit einer umstrittenen Methode die Kosten für Arzneimittel senken.

Düsseldorf. Für die einen ist es eine "Beratungspauschale", für die anderen "Bestechung" und ein Eingriff in die ärztliche Behandlungsfreiheit: AOK und Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) haben jetzt rund 4300 Ärzte angeschrieben und bieten ihnen eine "Beratungspauschale", wenn sie ihre Patienten auf billigere Medikamente umstellen - jeweils 20 Euro pro Patient und Wirkstoff. Den Schreiben beigefügt sind bereits Listen der vom Arzt behandelten Patienten nebst entsprechenden Medikamenten-"Empfehlungen". Hintergrund: Seit April 2007 können die Krankenkassen mit Wirkstoff-Herstellern Rabatte für deren Medikamente aushandeln. Für Hessens AOK-Sprecher Riyad Salhi ist die Aktion daher eine "Unterstützung für Ärzte zum kostenbewussten Verschreiben", wenn eben jene Wirkstoffe verschrieben würden, für die die AOK nun Rabatte erhält. So gebe es etwa beim Wirkstoff Simvastatin (Cholesterin-Senker) Preisunterschiede von bis zu 50 Euro pro Packung. Von "Bestechung" oder gar Eingriff in die ärztliche Behandlungsfreiheit könne keine Rede sein.

Das aber sehen viele Ärzte anders. So warnt etwa Martin Grauduszus, Arzt aus Erkrath und Präsident der Vereinigung Freie Ärzteschaft (FÄ): "Wenn eine Pharmafirma so vorgehen würde - Geld gegen Rezept - hätte der Arzt sofort ein Verfahren wegen Korruption oder Vorteilsnahme am Hals." Auch störe eine solche Aktion das Verhältnis Arzt-Patient: "Die Patienten müssen sicher sein, dass ich ihnen die Medikamente verschreibe, die ihnen helfen, und nicht solche, für die ich einen Bonus bekomme."