Kommentar: Gefährlicher Weg in die Staatsmedizin
Der Weg von der zentralen Datensammlung zur zentralistischen Behandlungs-Anweisung ist nicht weit.
<strong>Düsseldorf. Im Grunde genommen hat die AOK Hessen es gut gemeint: Die Kasse sucht nach Wegen, die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen, wenn nicht gar zu senken. Doch auch in diesem Fall gilt wieder, dass "gut gemeint" letztlich das genaue Gegenteil von "gut gemacht" ist. Denn der von AOK und Kassenärztlicher Vereinigung Hessen beschrittene Weg, Ärzten für das Verschreiben von Billig-Medikamenten eine Prämie zu zahlen, kann nicht funktionieren. Es ist sogar ein gefährlicher Weg, der nicht nur rechtlich bedenklich ist, sondern auch das für die erfolgreiche Heilbehandlung unabdingbare vertrauensvolle Verhältnis zwischen Arzt und Patient erschüttern kann. Nicht umsonst gibt es in der ärztlichen Berufsordnung einen Paragrafen, der es den Ärzten verbietet, für ihre Therapie-Entscheidungen Geld oder andere Vorteile anzunehmen. Und dabei ist es völlig unerheblich, ob der Vorteilsgewährer ein Pharma-Konzern ist, der den eigenen Gewinn steigern, oder eine Krankenkasse, die die eigenen Kosten senken will. Denn die Patienten müssen bei ihrem Arzt darauf vertrauen können, dass sie genau die Medikamente erhalten, die für die jeweilige Therapie am besten geeignet sind.
Besonders problematisch ist jedoch, dass in Hessen bei der "Beratungsoffensive" von AOK und Kassenärztlicher Vereinigung den Werbebriefen gleich aktuelle Patienten-Listen mit konkreten Medikamenten-"Empfehlungen" beigelegt wurden: Man kann sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass da gleichsam "am grünen Tisch" pauschal über die Behandlung ganzer Patienten-Gruppen entschieden werden soll - ohne die jeweilige konkrete Einzelsituation dieser Patienten auch nur im Geringsten zu berücksichtigen.
Genau das lässt schon jetzt Schlimmes erahnen für den Fall, dass irgendwann in naher Zukunft die elektronische Gesundheitskarte eingeführt wird. Denn dann werden sämtliche medizinischen Daten der Patienten in zentralen Rechnern erfasst. Und der Weg von der zentralen Datensammlung zur zentralistischen Behandlungs-Anweisung ist nicht weit. Aber auch das wäre von den Entscheidern sicher gut gemeint . . .