Analyse: Die Privatversicherung steht unter Druck

Die Grenzen zu den gesetzlichen Kassen sind durch die Gesundheitsreform aufgeweicht worden.

Berlin. Die private Krankenversicherung (PKV) mit ihren 8,6 Millionen Versicherten steht unter Druck. Die Gesundheitsreform hat die Grenzen zur gesetzlichen Versicherung etwa durch den neuen Basistarif aufgeweicht. Am Mittwoch verkündet das Bundesverfassungsgericht das Urteil zu den PKV-Beschwerden. Doch selbst wenn die private Vollversicherung an Bedeutung verliert, könnten verstärkt Zusatzversicherungen kommen.

Die Klage der fünf Privatversicherungen zeichnet ein Untergangsszenario. Prognose: Viele Versicherte vor allem mit höherem Krankheitsrisiko wechseln in den rund 530 Euro monatlich betragenden Basistarif auf Niveau der gesetzlichen Kassen und liegen dann faktisch oft den im Normaltarif Verharrenden auf der Tasche. Kommt so eine Spirale in Gang, sei eine Schieflage der ganzen PKV nicht ausgeschlossen. Zumal weitere Zumutungen aus PKV-Sicht dazu kommen und gleichzeitig die gesetzliche Krankenversicherung gestärkt werde.

Für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) ist die Reform nur eine Etappe hin zu einer völligen Vereinheitlichung des in gesetzliche und private Versicherung aufgeteilten Markts. "Für mich ist entscheidend, dass alle zu gleichen Bedingungen einzahlen", sagt sie. Auch die Ärzte sollten nicht mehr höhere Honorare von Privatversicherten bekommen. Doch eine Regierungsmehrheit für die von Schmidt gewollte Bürgerversicherung nach der Bundestagswahl zeichnet sich so lange nicht ab, wie die SPD nicht mit den Linken regieren will. Union und FDP wollen das System in Richtung mehr privater Absicherung verschieben.

Was kann nach der Wahl kommen? Zunächst dürften die gesetzlichen Kassen krisenbedingt auf steigenden Steuerausgleich angewiesen sein. Weitere Milliarden könnten fließen. Je nach Mehrheit könnten aber auch Leistungen aus der gesetzlichen Versicherung ausgelagert werden, etwa bei Zahnbehandlungen oder privaten Unfällen.

Bei den Privaten bereiten sich viele auf einen Ausbau des Geschäfts mit Zusatzversicherungen vor. Über die Grenze zur gesetzlichen Versicherung hinweg gibt es nach Brancheninformationen bereits eine rege Suche nach künftigen Kooperationspartnern. Vor einem Jahr wurden interne Überlegungen in großen Privatversicherungen in die Öffentlichkeit lanciert, die private Vollversicherung ganz auf den Prüfstand zu stellen. Bei einem Abschmelzen der gesetzlichen Versicherung auf einen Grundschutz für alle Bürger könnten sich die Privaten - so das Gedankenspiel - künftig ganz aufs lukrative Zusatzgeschäft für besonders teure Behandlungen konzentrieren.