Analyse: Erzkonservative als Chance für Obama
Wahlerfolge rechter Mitglieder der „Tea Party“ verbessern die Wahlaussichten der Demokraten.
Washington. Wenige Wochen vor den wichtigen Kongresswahlen zeichnet sich in den USA ein kräftiger Rechtsruck ab. Aus Frustration über die Wirtschaftsflaute und die hohe Arbeitslosigkeit kehren immer mehr Wähler den herkömmlichen Parteien den Rücken und schenken ihre Stimme der ultrakonservativen "Tea Party".
Im Januar kam der erste politische Erfolg der "Tea Party": Nach dem Tod von Edward Kennedy eroberte bei der Stichwahl sensationell der "Tea-Party"-Mann Scott Brown Kennedys freigewordenen Senatssitz. Im August ging es mit dem überraschenden Vorwahlsieg des unbekannten Joe Miller in Alaska weiter und gipfelte schließlich am vergangenen Dienstag im rauschenden Erfolg der ultrakonservativen Christine O’Donnell in Delaware.
Ebenso wie Miller wird O’Donnell im November gegen demokratische Kandidaten ins Rennen gehen, beide formal für die republikanische Partei, in ihrer Werbung aber als "Tea Party" Kandidaten.
Genau darin besteht das Dilemma der Republikaner: Sowohl in Delaware als auch in Alaska hatten sie gehofft, jeweils einen Senatssitz dazu zu gewinnen und mit weiteren Siegen die demokratische Mehrheit von 59 zu 41 Mandaten zu kippen. Doch laut Ex-Präsident George W. Bushs Chefstratege Karl Rove "sind beide Kandidaten in der Endabrechnung einfach nicht wählbar".
Obwohl sie kurzfristig genügend Protestwähler mobilisieren konnten, um sich bei der parteiinternen Ausscheidung zu behaupten, gelten Miller, O’Donnell und andere "Tea Party"-Kandidaten als zu rechts: Sie verteidigen das Recht auf Waffenbesitz, lehnen vorehelichen Geschlechtsverkehr ab, wollen Homosexualität unter Strafe stellen.
Lachende Dritte sind Obama und seine demokratischen Parteifreunde. Zwar sind Umfragen zufolge nur noch 46 Prozent der Amerikaner mit Obamas Amtsleistung zufrieden. Doch dank der "Tea Party", die eine tiefe Kluft aufgerissen hat zwischen moderaten Republikanern und dem rechten Parteiflügel, kann der Präsident zumindest für einige Zeit wieder aufatmen.