Analyse: Europäische Regeln für Alkoholsünder

In den Ländern der EU herrschen derzeit noch unterschiedliche Promillegrenzen.

Brüssel. Selten machte ein tödlicher Verkehrsunfall solche Schlagzeilen wie der Crash eines betrunkenen Autofahrers auf einer Bundesstraße bei Klagenfurt im Oktober. Da raste der österreichische Politiker Jörg Haider mit 1,8 Promille Alkohol im Blut in den Tod - ähnlich wie Tausende weniger bekannte Menschen jedes Jahr in Europa. Allein 2007 starben nach Angaben der EU-Kommission in Brüssel wegen Alkohols am Steuer 100 00 Menschen auf Europas Straßen.

Silvesterpartys, Discofahrten oder Familienfeiern: Ein Viertel aller Verkehrsopfer in Europa geht auf das Konto des Alkohols. Weil sich die Europäische Union das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, die Horror-Zahl von 50000 Verkehrstoten im Jahr 2000 bis 2010 zu halbieren, werden immer wieder EU-weite Promillegrenzen und Strafen diskutiert. Bislang kämpft aber jeder Mitgliedstaat für sich allein.

Verkehrssicherheit ist nationales Hoheitsgebiet und so verfolgen die EU-Länder vor allem eigene Strategien. Die Bundesregierung hebt 2009 die Bußgelder an. Alkoholfahrten können Fahrer in Deutschland dann bis zu 3000 Euro kosten. Schweden diskutiert über automatische Wegfahrsperren in Autos, sogenannte Alcolocks, bei denen der Fahrer erst pusten muss und dann fahren darf.

Die EU-Kommission hält sich zurück und predigt Geduld. Als Erfolg sieht Brüssel eine allmähliche Angleichung der Promillegrenzen in Europa. Eine EU-weite Null-Toleranz hält die Brüsseler Behörde für nicht praktikabel. "Auch Lebensmittel und Medikamente enthalten oft Alkohol", lautet die Begründung. Inzwischen haben aber 24 von 27 EU-Staaten einen Kommissionsvorschlag von 2001 umgesetzt und Grenzen zwischen 0,0 und 0,5 Promille festgelegt.

Zu den Ausreißern gehören Großbritannien, Irland und Malta, die noch einen Alkoholspiegel von 0,8 Promille tolerieren.

"Mir scheint es sinnvoller, verschiedene Strategien zu fahren", sagt der Experte Matthias Knobloch vom Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. Jedes Land solle ein entsprechendes Maßnahmenbündel schnüren. Nach seiner Ansicht hätten Alcolocks und Null-Promille keine Chance in Deutschland. "Im CSU-geführten Bayern gäbe es keine Mehrheit für 0,0 Promille. Dort ist Bier ein Kulturgut", so Knobloch. Für Alcolocks in Privatautos sieht er keine Rechtsgrundlage.