Gefangenenlager: Guantánamo nicht nur ein deutsches Problem

Der Bundesaußenminister will Gefangene aufnehmen, stößt aber auf Kritik.

Berlin. Es war auch ein Signal an den gewählten US-Präsidenten Barack Obama: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) prüft die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland. Obama will das umstrittene US-Gefangenenlager auf Kuba schließen und sucht nun Staaten, die bereit sind, ehemalige Häftlinge aufzunehmen.

Rund 50 Gefangene gelten als unschuldig - unter ihnen Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren aus China. Bei einer Rückkehr in ihr Heimatland droht den Uiguren Folter, da sie auch in China als terrorverdächtig angesehen werden.

Der Guantánamo-Vorstoß von Außenminister Steinmeier hat eine kontroverse Debatte in Deutschland ausgelöst. Gesucht wird eine Balance zwischen humanitären Aspekten und Sicherheitsbelangen. So will auch NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) dem Außenminister keinen Blankoscheck ausstellen und voreilig seine Bereitschaft zur Aufnahme von Guantánamo-Insassen signalisieren.

"Die für die Außenpolitik verantwortliche Bundesregierung muss humanitäre Aspekte abwägen und Sicherheitsbelange berücksichtigen. Gefahren für die Sicherheit unseres Landes hat die Bundesregierung auszuschließen", sagte Wolf unserer Zeitung.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich unter den derzeit noch 250 Gefangenen kein Deutscher befindet - und so sagt nicht nur der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, die Frage des Verbleibs der Häftlinge sei "zunächst einmal ein US-Problem".

Selbst in seiner eigenen Partei stößt der SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier nicht nur auf Gegenliebe. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) meinte, bei den Insassen handele es sich um potenzielle Gefährder, auch wenn ihnen strafrechtlich nichts nachgewiesen werden könne. "Es sind Sympathisanten von El Kaida und anderen Organisationen, die menschenverachtende Ideologien pflegen", sagte Körting.

Die Frage einer Aufnahme von Insassen spaltet auch die EU. Während die Niederlande eine Aufnahme kategorisch ablehnten, sandte Portugal positive Signale. Schweden erklärte, die USA seien für das Schicksal der Insassen verantwortlich. Medienberichten zufolge sind Dänemark, Spanien und Polen gegen eine Aufnahme. Frankreich forderte die Mitgliedsstaaten auf, eine gemeinsame Position zu finden.