Christfest am Kap der Piraten

Mit Glühwein und Stollen verabschiedet der Verteidigungsministerdie Fregatte Karlsruhe.

Berlin. Ohne Weihnachtsbaum läuft nichts. Auch keine Piratenjagd am Horn von Afrika. Die Soldaten der Fregatten "Karlsruhe" und "Mecklenburg-Vorpommern" knüpfen sich inzwischen nach alter Marine-Tradition einen Baum aus Schiffstauen - denn Tannenbäume aus Deutschland kamen in den heißen Einsatzgebieten immer ohne Nadeln an, berichtet Oberstabsärztin Stephanie Klinger.

So wird sie mit ihren Kameraden am Heiligabend tausende Kilometer von zu Hause entfernt an Deck um den "Tauen-Baum" stehen und Weihnachtslieder singen. Danach gibt es Glühwein und Christstollen - bei 30 Grad.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat den Männern und Frauen noch schnell das Weihnachtsgebäck und Wein nach Dschibuti gebracht, bevor er die Besatzung der Fregatte "Karlsruhe" am Dienstag in die EU- Mission "Atalanta" zur Bekämpfung der Piraterie vor der somalischen Küste und im Golf von Aden verabschiedet.

Die "Mecklenburg-Vorpommern" kann Nothilfe leisten, ist aber hauptsächlich für den Antiterrorkampf im Einsatz. Jung will Flagge zeigen, wenn die Soldaten so kurz vor Weihnachten in einen Einsatz geschickt werden. Er hatte Zweifel, ob Glühwein und Stollen das richtige Geschenk sei. Doch die Soldaten hätten sich das ausdrücklich gewünscht, sagt er.

Ein Teil der Fregatten-Besatzung hat schon viele Male Weihnachten auf See verbracht. Korvettenkapitän Hannes Leister gibt unumwunden zu: "Für alle wäre es doch schöner zu Hause." Weihnachtsstimmung kommt bei den Soldaten in Dschibuti kaum auf. Erstens ist es hier zu warm, und zweitens sind sie zu sehr beschäftigt mit ihrem Auftrag.

Um das eigene Schiff und sich selbst machen sich die Männer und Frauen weniger Sorgen. Mit der Fregatte seien sie den Piraten und ihren kleinen Booten einfach überlegen, sagt ein Bootsmann. Die Piraten könnten bei Wellengang kaum gezielt schießen.

Von der 6.000 Tonnen schweren Fregatte sei das leichter. Leister lenkt den Blick auf ein anderes Problem. Mitunter sei schwer zu unterscheiden zwischen Piraten und Fischern. Auf die Frage, was für ihn das Schlimmste bei dem Einsatz wäre, sagt er: "Wenn wir Waffen einsetzen müssten."

Genau dies wird von der Politik und Jung persönlich im Notfall von den Soldaten erwartet. Die Bundeswehr habe wohl kaum je ein "robusteres" Mandat gehabt, sagt Jung. Das bedeutet, dass die Marine mit Waffengewalt auch gekaperte Schiffe befreien und die Hauptschiffe der Piraten gezielt versenken darf.

Die Bundeswehr soll die gesamte Seehandelsroute - die wichtigste zwischen Europa und Asien - durch die internationale Militärpräsenz sichern. Aber auch Fischfangflotten - etwa aus EU-Staaten - könnten Schutz genießen.

Das seien aber jene Flotten, die für die Not in Somalia mitverantwortlich seien, weil sie die Fischgründe am Horn von Afrika geplündert und somalischen Fischern damit die Existenzgrundlage geraubt hätten, beklagen Abgeordnete des Bundestags. So finden sich unter den Piraten eben auch verarmte einstige Fischer.

Ungeachtet solcher Bedenken verabschiedete Jung die Soldaten in den Einsatz und wünschte ihnen "alles Gute und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel". Und was ist, wenn nun ausgerechnet an Heiligabend ein Angriff gemeldet wird? Ein Oberstabsbootsmann sagt: "Am besten ist, wir laden die Piraten dann auf einen Schluck Glühwein ein."