Hagel aus Bomben und Raketen

Die Hamas wurde vom Umfang der massiven Angriffe Israels überrumpelt. In Gaza herrschen Chaos und Angst.

Gaza. Die heftigsten Luftangriffe Israels auf den Gazastreifen seit dem Sechstagekrieg 1967 kamen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Ein flammendes Inferno, ein Hagel aus Bomben und Raketen brach am Samstagmorgen über die Einwohner herein. "Vor allem die ersten vier Minuten waren schrecklich, ein Luftangriff nach dem anderen. Es war wie bei einem Erdbeben", berichtete ein Einwohner von Gaza. "In kürzester Zeit war alles grau vom Staub der zerstörten Gebäude."

"Das Wort Massaker ist nicht stark genug, um die Situation zu beschreiben", sagte der 22-jährige Hassan Abu Tuha. "Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil die Angriffe nicht aufhörten", erzählt er.

Die radikal-islamische Hamas hatte nicht mit einer so raschen und so heftigen Reaktion Israels auf den Raketenbeschuss seiner Grenzorte gerechnet. Israel hatte Hamas in dem Glauben gelassen, eine Militäraktion stehe noch nicht unmittelbar bevor. Am Freitag wurde noch die Lieferung von Hilfsgütern erlaubt und der Eindruck erweckt, eine Entscheidung über Militärschläge solle erst bei der Sitzung des israelischen Kabinetts am Sonntag fallen. In Wahrheit war der Beschluss aber bereits gefallen.

Ausgerechnet am jüdischen Ruhetag Sabbath hatte Hamas nicht mit einer Großoffensive gerechnet. Das Ergebnis der harten Luftschläge war mit mehreren hundert Toten und an die Tausend Verletzten verheerend: Augenzeugen berichteten von heillos überfüllten Krankenhäusern und Leichenhallen. Gestern waren an vielen Orten Menschen zu sehen, die in den Trümmern von Gebäuden herumkletterten, aus denen noch Rauch aufstieg.

180 Tote ab es allein bei der Polizeimiliz der Hamas. Die israelische Luftwaffe legte viele ihrer Stellungen in Schutt und Asche. Der 36-jährige Mohammed A., selbst ein Hamas-Polizist, sagte: "Es ist sehr schwer, Freunde und Kollegen, mit denen man so viel durchgestanden hat, so zu verlieren." Dennoch sei er zur Arbeit gekommen, "weil unsere Pflicht wichtiger ist". Er sieht die israelische Offensive "Gegossenes Blei" als "Verschwörung gegen die islamische Herrschaft und die demokratische Regierung Palästinas". Die international boykottierte Hamas sieht sich als legitime Macht, weil sie die Wahlen 2006 klar gewonnen hatte.

Ein Einwohner Gazas sieht die Rolle der Hamas kritischer. "Welche Strategie verfolgt Hamas, wenn es ein solches Massaker nicht verhindern kann?" Statt ernsthaft zu regieren, habe die Hamas bislang nur "mit Worten um sich geschossen".