Die Angst vor einem Flächenbrand
Israel erwägt den Sturz des Hamas-Regimes.
Tel Aviv. Lange hatte Israel mit einer Militäroperation im Gazastreifen gedroht, am Ende kam sie für Freund und Feind völlig überraschend. In Israel macht sich bei aller Genugtuung über den Überraschungscoup auch Sorge vor einem Flächenbrand breit.
Die israelische Regierung wandere auf einem schmalen Grat, kommentiert die "Jediot Achronot". Israel müsse aufpassen, dass es am Ende der Operation nicht "gedemütigt" dastehe wie zum Ende des Libanon-Krieges vom Sommer 2006. Zwar hat Israel im Gazastreifen unangefochten die Lufthoheit, aber die Hamas zeigt sich zumindest rhetorisch unbeeindruckt.
Hamas-Führer Ismail Hanija kündigt an: Hamas wird sich nicht ergeben. Aus Sicht Hanijas will Israel mit dem Militäreinsatz den Widerstand der Palästinenser brechen und sie dazu zwingen, dass sie "Palästina, Jerusalem, die Rückkehr der Flüchtlinge und die Befreiung der Gefangenen aus israelischen Gefängnissen aufgeben". Aber Hamas sei entschlossener und willensstärker als Israel, droht Hanijah.
Auch die Tageszeitung "Maariv" warnt vor zu großem Optimismus: "Hamas wird nicht aufgeben." Der Blitzangriff habe Hamas unvorbereitet getroffen und die Verwundbarkeit gezeigt. "Aber da ist eine Sache, die sich Hamas nicht leisten kann: Und das ist, Schwäche zu zeigen."
Israels amtierender Ministerpräsident Ehud Olmert hat seine Landsleute auf eine längere Militäroperation eingestellt. Hamas habe klar gemacht, dass es die Raketenangriffe auf Israel verstärken wolle. "In dieser Situation hatten wir keine Alternative als zu reagieren", sagt Olmert.
Selten hat man in Israel eine solche Eintracht unter allen zionistischen Parteien gesehen wie jetzt - und das mitten im Wahlkampf vor der Parlamentswahl am 10.Februar. "Die Kanonen grollen, und wir sind vereint", gibt sich Oppositionsführer Benjamin Netanjahu staatsmännisch.
Mit der "Schocktherapie" will Israel kurzfristig den Raketenbeschuss soweit wie möglich minimieren, zu einer langfristigen Waffenruhe zurückkehren und vor allem den entführten Soldaten Gilad Schalit in die Heimat zurückholen. Langfristig liebäugelt Israel wohl mit dem Sturz des Hamas-Regimes. "Hamas basiert auf einer fundamentalistischen Ideologie und hat einen negativen Einfluss auf die Einheit der Palästinenser", sagt ein hochrangiger Militär.