Analyse: Gesundheitsreform - Jetzt wird gerechnet
In dieser Woche wird klar, was die Versicherten 2009 erwartet. Sicher ist: Die Beiträge steigen.
Berlin. Die Stunde der Wahrheit rückt näher. Die 51 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen und ihre Arbeitgeber erfahren diese Woche, was sie ab 2009 an Beitrag zahlen müssen. Für den Großteil wird es mehr sein als heute. Klar wird bald auch, ob die Koalition das Ziel schafft, die Sozialabgaben unter 40 Prozent zu halten.
Seit Montag sitzen Finanzspezialisten für die Krankenversicherung zusammen. Bis heute oder morgen verrechnet der Schätzerkreis in Bonn hinter verschlossenen Türen aufwendig gesammelte Prognosen miteinander. Ein Ergebnis steht schon vorher fest: Die Ausgaben für Ärzte, Kliniken und Arzneien klettern wieder weit schneller als die Einnahmen.
Folge: Beim Beitrag für alle rund 215 Kassen steht dann wohl die Rekordzahl 15 vor dem Komma und mindestens eine fünf dahinter. Die Regierung legt den Beitrag auf Grundlage der Schätzung zum Start des Gesundheitsfonds bis Ende Oktober selbst fest.
Präsentiert wird damit die Rechnung für die beschlossenen rund 2,7 Milliarden Euro mehr für die Kassenärzte und drei Milliarden für die Krankenhäuser. Medikamente schlagen mit plus zwei Milliarden zu Buche. Insgesamt geben die Kassen dann rund 160 Milliarden Euro im Jahr aus. Auf der Habenseite können die Kassen zusätzlich 1,5 Milliarden vom Steuerzahler verbuchen.
Die Kasseneinnahmen hängen zudem davon ab, wie hoch die Löhne nächstes Jahr ausfallen und wie es auf dem Arbeitsmarkt weitergeht. Vorhersagen der kommenden Konjunkturprognose fließen schon ein. Von einem Plus von rund zwei Milliarden Euro ist in Regierungskreisen die Rede. Die Finanzmarktkrise wirkt freilich abkühlend.
Einiges spricht dafür, dass die Koalition das 40-Prozent-Ziel bei den Lohnnebenkosten schaffen kann. Allerdings nur, weil sie den Sonderbeitrag der Arbeitnehmer von 0,9 Prozent nicht mitrechnet. Doch wirklich abgerechnet wird bei den Angestellten ohnehin später: Der Beitrag aufs Einkommen bleibt für sie wohl keineswegs der einzige Minusposten. Viele Kassenmitglieder dürften bald Zusatzbeiträge zahlen. Denn die Kosten werden nicht voll vom Gesundheitsfonds abgedeckt.
Die Kosten aber steigen. Der Behandlungsbedarf wächst, die Menschen werden älter, die Therapien teurer. Und die traditionelle Grundstruktur des Gesundheitswesens kostet - etwa die vielen Kliniken. Auch bei den Arzneimitteln tut sich die Regierung mit Ausgabenbremsen schwer.