Analyse: Olmert will abtreten, wenn er angeklagt wird
Israels Ministerpräsident bestreitet aber, dass er Bestechungsgelder angenommen hat.
Tel Aviv. "Meister aller Überlebenskünstler": Israelische Medien sparen nicht mit Superlativen, wenn es darum geht, wie Ministerpräsident Ehud Olmert immer wieder seinen Kopf aus der Schlinge zieht. Vier Ermittlungen wegen Korruptionsvorwürfen haben den 62-Jährigen bislang nicht zu Fall gebracht. Jetzt ist ein fünfter Fall hinzugekommen.
Die Anti-Korruptionsbehörde ermittelt aktuell gegen den Regierungschef, weil er jahrelang "illegal Geld angenommen" haben soll. Der Begriff umfasst von Bestechungsgeld über illegale Wahlkampffinanzierung bis zur Buchfälschung so etwa alles. Die Rede ist von hunderttausenden US-Dollar, mit denen ein langjähriger Freund, der amerikanische Geschäftsmann und Spendeneintreiber Morris Moshe Talansky, Olmert unter die Arme gegriffen haben soll.
Die Polizei vermutet, dass bei den Transaktionen nicht alles sauber zuging. Verdächtig sollen vor allem große Bargeldsummen sein. Ermittler wollen klären, ob Olmert davon Geld für private Zwecke abgezweigt oder gegen das Gesetz zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Dieses sieht Obergrenzen bei Spenden vor.
Olmert sieht sich im Fadenkreuz einer Verschwörung der Opposition - nur den Namen des vermeintlichen Drahtziehers nennt er nicht. Auf einer Pressekonferenz in Jerusalem sagte Olmert: "Ich schaue jedem von Ihnen in die Augen und sage, dass ich niemals Bestechungsgeld und niemals auch nur eine einzige Agora (kleinste israelische Währungseinheit) in die eigene Tasche gesteckt habe." Olmert räumte ein, Talansky habe seine Wahlkämpfe von 1993 und 1998 für das Bürgermeisteramt von Jerusalem sowie parteiinterne Wahlkämpfe im Likud-Block 1999 und 2002 unterstützt beziehungsweise Wahlkampfschulden beglichen.
Die Knesset, das Parlament, macht bis zum 19. Mai Pause. Dann wird Olmert sehen, ob seine Regierungsmehrheit von 64der 120 Abgeordneten zu ihm steht oder ihn beim wöchentlichen Misstrauensvotum stürzt. Sollte er abtreten, kann Präsident Schimon Peres einen anderen mit der Regierungsbildung beauftragen: etwa Olmerts Vize, Außenministerin Zipi Liwni. Sollte einer der vier Koalitionspartner aber meinen, dass Neuwahlen günstiger seien als Ministerposten unter Liwni, wird neu gewählt. Nach Umfragen liegt derzeit Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vorn: Er ist gegen Friedensverhandlungen mit Palästina.