Analyse: Palastrevolte gegen den unpopulären Premier
Die britische Labour-Partei sucht nach einem Nachfolger für Gordon Brown.
London. Der Wettermann eines Londoner Senders gab sich humorvoll: "Es wird heiß im Königreich und zugleich sehr stürmisch mit atmosphärischen Störungen - besonders an der Küste von Suffolk".
Dort erholt sich derzeit der angeschlagene Premierminister Gordon Brown. Es dürfte sein letzter Sommerurlaub als Regierungschef sein, sagen die Buchmacher. Auf die politische Zukunft des 57-jährigen Nachfolgers von Tony Blair setzen die Briten kaum noch einen Penny.
Daran konnte auch ein Durchhalte-Appell von Justizminister Jack Straw nichts ändern. "Gordon Brown ist der beste Führer, um uns durch diese schweren Zeiten zu bringen", betonte Straw am Wochenende. Er reagierte damit auf die nicht mehr verstummenden Gerüchte, dass kein anderer als er selbst sich hinter den Kulissen als "Labour-Brutus" betätige, als Anführer einer Verschwörung zum Sturz des unpopulären Premierministers.
Shakespeare-Dramen können kaum spannender sein, als die Zerreißprobe, der Labour derzeit ausgesetzt ist. "Angesichts einer wachsenden Gewissheit, dass es keinen anderen Weg mehr gibt, sagen Regierungsmitglieder bereits voraus, dass es Versuche geben wird, Brown bis spätestens Ende August zu stürzen", schreibt die Sonntagszeitung "The Observer". Weithin wird Brown die Hauptschuld an einer Serie von verheerenden Niederlagen bei Nachwahlen für Unterhaussitze gegeben.
Die letzte Riesenschlappe ereilte den Schotten in seiner Heimatregion - in einem Wahlkreis, der seit fast 60 Jahren als uneinnehmbare Labour-Festung galt: Im Arbeiterbezirk Glasgow-Ost liefen Labour-Wähler der Partei in Scharen davon und stimmten für die schottischen Nationalisten, die sich unter anderem der Unterstützung durch Hollywood-Star Sean Connery erfreuen.
So gewaltig ist der Vertrauensverlust, dass Labour laut Umfragen bei allgemeinen Wahlen von einer Art politischem Tsunami aus den Regierungsämtern gefegt werden würde. Angesichts dessen wird die konservative Opposition nicht müde, Wahlen zu fordern. Spätestens im Mai 2010 müssen sie nach der Gesetzeslage stattfinden. Um zu retten, was bis dahin noch zu retten ist, wollen Brown-Gegner einen neuen Mann in die Labour-Spitzenposition bringen.
Als Hoffnungsträger wird immer wieder der 43-jährige Außenminister David Miliband genannt. In der Debatte um Brown hält er sich bedeckt, aber die Medien beobachten jeden seiner Schritte. Vorige Woche fiel auf, dass Miliband eine Dienstreise unternahm, die für einen Außenminister ungewöhnlich ist. Es ging in den Londoner Vorort Slough, einen der wenigen Wahlkreise, in denen Labour noch unangefochten regiert.