Feinstaub: EU-Urteil lässt Städte bangen
Die Vorgabe der Richter könnte zu scharfen Fahrverboten in Citys sorgen. Die Kommunen nehmen den Bund in die Pflicht.
Berlin. Das Feinstaub-Verdikt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgt für nachhaltigen politischen Wirbel, zumindest in Deutschland. Das nun von Bürgern einklagbare Recht auf saubere Luft - hierbei geht es vorrangig um die Begrenzung krebserregender Rußpartikel aus Diesel-Autos und Lkw - muss nach Ansicht der Richter Folgen haben.
Immerhin werden die festgelegten Grenzwerte solcher Feinstäube in etlichen Städten immer noch zum Teil deutlich überschritten. Doch die diskutierten Schlussfolgerungen könnten unterschiedlicher nicht sein.
"Von 2009 an muss es verschärfte Fahrverbote in städtischen Umweltzonen geben", so der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch. Im Klartext: Dann dürften nur noch Autofahrer mit der grünen Plakette auf der Windschutzscheibe (für die niedrigsten Rußpartikel-Werte) in die bevorzugten Umweltzonen hineinfahren - wie Anfang 2010 in Berlin geplant. Für Fahrzeuge mit gelben oder gar roten Plakette heißt es dann: "Wir müssen leider draußen bleiben."
Auch der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, frohlockte: "Jetzt müssen die Kommunen mit mehr Umweltzonen, weiteren Fahrbeschränkungen, sauberen Industrieanlagen und abgasarmen rußgefilterten Pkw und Nutzfahrzeugen gegen den Feinstaub vorgehen." Ansonsten sei mit Schadensersatzklagen zu rechnen.
Länder und Kommunen sehen das allerdings ganz anders. "Wir haben den Feinstaub nicht verursacht", sagte Gemeindebund-Geschäftsführer Gerd Landsberg. Laut EU-Urteil können Anwohner bei Überschreiten des Feinstaubs eine Verringerung dieser Belastungen über einen Aktionsplan der Kommune zumindest in Stufen erzwingen.
Gestartet war Deutschland Anfang des Jahres mit Berlin, Köln und Hannover. Hessen hat im Angebot für dieses Jahr nur Frankfurt. Bayern will neben München noch Augsburg, Regensburg und Neu-Ulm mit Umweltzonen ausstatten. Mindestens acht Ruhrgebietsstädte wollen ab Oktober durch solche Verkehrslenkungen die schlimmsten Rußpartikel-Emissionen fernhalten.
In Dortmund wurde an einem Straßenzug bereits eine Mini-Umweltzone eingerichtet, die Resch als unwirksam und "Treppenwitz" bezeichnete. So zeigt das Umweltbundesamt, dass 2008 bereits bis zum 24. Juli der Feinstaub-Grenzwert an der Mess-Stelle Brackeler Straße in Dortmund an 39 Tagen überschritten war. Dabei darf der Wert von 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft im ganzen Jahr nur an 35 Tagen überschritten werden. Damit zeigt sich dringender Handlungsbedarf.
Den sieht der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bei der Bundesregierung. Um das Übel an der Wurzel zu packen, müsse jetzt die Reduktion der Rußpartikel bei Pkw und Lkw zur Pflicht werden.