Analyse: Russlands Opposition scheitert an sich selbst

An Kandidaten mangelt es nicht, aber am Ende wird wohl nur KP-Chef Sjuganow ins Rennen gehen. Die russische Opposition ist stark zerstritten.

Düsseldorf. "Divided they fall?" titelte am Donnerstag die Online-Ausgabe von Russia Today über den Zustand der russischen Opposition. Und tatsächlich scheint das, was da noch als Frage formuliert ist, die Realität: Noch vor der Wahl ist die heillos zerstrittene Opposition in Moskau geschlagen. Zu viele "Führer", zu wenig Volk, zu viele Eitelkeiten, zu wenig Programm. Allein Kommunisten-Chef Gennadi Sjuganow dürfte am Ende als Oppositionskandidat übrigbleiben.

Kasparow wirft das Handtuch, sein Bündnis ist zerfallen

Dabei ist an Kandidaten kein Mangel, die von sich glauben machen, Russland brauche sie dringend im Kreml. Seit Monaten kündigte Garry Kasparow an, für sein Bündnis "Anderes Russland" anzutreten. Zuerst verließ sein Partner Michail Kasjanow, unter Putin von 2000 bis Ende 2003 Premierminister, den Ex-Schachweltmeister. Kasjanow will nun als Chef einer "Volksdemokratischen Union" selbst antreten. Nachdem darauf auch noch Kasparows wichtigster Verbündeter, die etwa dem Strasser-Flügel der NSDAP entsprechenden "Nationalbolschewiken" unter dem Trotzki-Doppelgänger Eduard Limonow, das Bündnis verließ, gab Kasparow seine Kandidatur-Pläne jetzt auf. Angeblich, weil ihm in Moskau Versammlungsräume verweigert wurden, tatsächlich aber, weil die vom Wahlgesetz geforderten zwei Millionen Unterstützer-Unterschriften für Kandidaten von Parteien, die nicht in der Duma sitzen, unerreichbar bleiben. Vor dem gleichen Problem stehen die Führer der in der Duma-Wahl gescheiterten prowestlichen Parteien "Jabloko" von Grigori Jawlinski und die "Union Rechter Kräfte" von Boris Nemzow. Beide scheuten die Zusammenarbeit mit Kasparow wegen dessen zweifelhafter Bundesgenossenschaft. Und beide sind sich auch gegenseitig spinnefeind. Bei der Duma-Wahl kam Jawlinski auf 1,7 Prozent, Nemzow - als Premier für die katastrophalen Experimente unter Jelzin verantwortlich - auf nur 1,1 Prozent. Dann ist da noch der bekannte Sowjet-Dissident Wladimir Bukowsky, der seit 30 Jahren in den USA lebt. Es sei eine "bittere Ironie der Geschichte", so Bukowsky, dass die Kommunisten die einzig echte Opposition seien. Deshalb will auch er kandidieren - "damit das Volk eine wirkliche Wahl hat". Allerdings ist auch das eine Farce: Das Wahlgesetz schreibt vor, dass der Kandidat die letzten zehn Jahre in Russland gemeldet gewesen sein muss. Bleibt also Sjuganow der einzig ernsthafte Kandidat der Opposition. Es ist seine dritte Präsidentenwahl. 1996 holte der KP-Chef in der Stichwahl gegen Jelzin 40 Prozent, 2000 gegen Putin immerhin knapp 30 Prozent. Diesmal - gegen das Tandem Medwedew-Putin - sind solche Werte allerdings kaum zu erwarten.

Die russische Präsidentschaftswahl am 2. März

KP-Chef Sjuganow tritt für die einzige Oppisition in der Duma an.
Registrierung: Bis zum 16. Januar haben Bewerber Zeit, ihre Kandidatur bei der Wahlkommission anzumelden. Bewerber von Parteien, die den Sprung in die Duma geschafft haben, sind automatisch zugelassen. Andere Bewerber benötigen zwei Millionen Unterstützer-Unterschriften. Der jetzige Premier Dmitri Medwedew soll am Sonntag von der Putin-Partei Einiges Russland nominiert werden, KP-Chef Sjuganow tritt für die einzige Opposition in der Duma an. Auch der Ultra-Nationalist Schirinowski kandidiert. Beobachter erwarten, dass höchsten vier Bewerber die Hürden des Wahlgesetzes überspringen.

Wahlgesetz: Kandidieren darf "jeder Bürger der Russischen Föderation, der nicht weniger als 35 Jahre alt ist und einen ständigen Aufenthalt in der Russischen Föderation von nicht weniger als zehn Jahren nachweist".