EU-Vertrag: Europas Stunde der Glückwünsche
Was der Grundlagenvertrag den Bürgern und Staaten der EU bringt. Eine Analyse.
<h3 align="center">Wird Joschka Fischer jetzt doch noch EU-Außenminister?
Kaum. Selbst wenn er wollte - eine Bundesregierung, die den grünen Altmeister nominieren würde, ist nicht in Sicht. Aber den Posten wird es geben, er heißt nur anders: "Hoher Repräsentant". Er hat aber viel mehr Macht als der bisherige "High Rep" Javier Solana, weil er den beiden Hauptorganen der EU zugleich angehört, als Vizepräsident der Kommission und Vorsitzender des Außenministerrats. Solana dürfte es werden, wenn er will. Daran gibt es aber zunehmend Zweifel.
Das hat er auch heute schon. Bei vielen Themen dürfen die Abgeordneten mitentscheiden und können somit auch Korrekturen erzwingen - wie etwa bei den Regeln für Pestizide. Künftig hat das EU-Parlament auch Einfluss auf innen- und justizpolitische Themen, zum Beispiel Regeln für die polizeiliche Zusammenarbeit oder Strafverfolgung.
Er kann, wenn er in mehreren Ländern die Unterschriften von einer Million Gleichgesinnter einsammelt, ein Volksbegehren starten, um die Kommission zur Vorlage eines EU-Gesetzes aufzufordern. Dem Einzelnen verbrieft die mit dem Vertrag verbundene Grundrechtecharta den Schutz der wichtigsten bürgerlichen Freiheiten, aber auch bestimmte soziale Ansprüche, die er im Zweifel vor dem EU-Gericht einklagen kann.
Es kommt drauf an. Wenn Einstimmigkeit verlangt wird wie bei Steuern und soziale Sicherheit, geht nichts ohne deutsches Ja. Wenn jedoch - wie neulich bei Galileo - Mehrheitsregel gilt, kann Deutschland überstimmt werden. Künftig gilt: Für mehr Verordnungen als bisher ist keine Einstimmigkeit nötig. Mehrheits-Beschlüsse brauchen mittelfristig die Stimmen von 55 Prozent der Staaten und 65 Prozent der EU-Bevölkerung - also mehr als nur Malta und Zypern.
Jedenfalls können die Abgeordneten des Bundestags geplante EU-Gesetze rechtzeitig unter die Lupe nehmen. Hat ein Drittel aller nationalen Parlamente Einwände, muss die EU-Kommission ihren Entwurf überprüfen und neu einbringen. Und wenn alle Stricke reißen, gibt der Vertrag den Mitgliedstaaten erstmals ausdrücklich die Möglichkeit, die EU wieder zu verlassen - notfalls auch gegen den Widerstand der anderen Regierungen.
Ob sie es kann, darüber lässt sich streiten. Aber demnächst darf sie es jedenfalls. Im Vertrag sind Ziele wie Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung festgeschrieben. Zudem gewinnt die EU beim Thema Energie an Einfluss.
Ja. Wenn die vorgeschriebene Volksabstimmung dort eine Mehrheit für Ablehnung erbringt, kann der Lissabonner Vertrag nicht in Kraft treten. Er soll rechtzeitig vor den Europawahlen 2009 Gültigkeit erlangen. Einzelne Abstimmungsregeln gelten allerdings erst Jahre später.