„Bitterer Teil kirchlicher Schuldgeschichte“
Der Landeskirche sind 56 Fälle bekannt.
Düsseldorf. Seit dem Aufbruch der Diskussion um sexuelle Gewalt und Misshandlungen in kirchlichen Einrichtungen sind innerhalb der Evangelischen Kirche im Rheinland 56 Fälle gemeldet worden. Vizepräses Petra Bosse-Huber sprach beim Sommerpressegespräch in Düsseldorf vom „bitteren Teil einer kirchlichen Schuldgeschichte“. Die Zeit heile keineswegs alle Wunden.
In zwölf der Fälle richteten sich die Vorwürfe gegen Pfarrer, in 21 Fällen gegen andere kirchliche Mitarbeiter. 23 Meldungen bezogen sich auf die „schwarze Pädagogik“ (Erziehung mit Einschüchterung und Gewalt) und entsprechende Misshandlungen. Fast alle Fälle seien strafrechtlich verjährt, manche reichten bis zu 50 Jahre zurück. Viele Täter seien bereits tot. Aktuell laufen noch vier Disziplinarverfahren.
Die Landeskirche hat zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle eine halbe Stelle bei der Familien- und Lebensberatung eingerichtet, zunächst befristet bis Januar 2014. „Wir wollen Mut machen, die Hilfsangebote, die es gibt, auch zu nutzen“, sagte Bosse-Huber.
Zur Prävention sei eine Klärung des Nähe-Distanz-Verhältnisses notwendig. Ältere Fälle seien oft autoritären und hierarchischen Verhältnissen geschuldet, in jüngerer Zeit habe die Gefährdung auch durch „sehr große Nähe“ bestanden. Man wolle aber nicht dem amerikanischen Vorbild folgen, wo Gespräche hinter verschlossenen Türen kaum noch möglich seien.
Präses und EKD-Ratsvorsitzender Nikolaus Schneider bezeichnete die Taufe mit Blick auf den Papstbesuch im September in Erfurt als „das stärkste Band, das uns zusammenhält“. Es müsse überlegt werden, ob diese Basis ökumenisch nicht erweiterungsfähig sei. „Es ist klar, dass die Begegnung in Erfurt Anstöße geben soll.“ Er erwarte Aussagen zur ökumenischen Situation in Deutschland und seitens der katholischen Kirche auch eine Einschätzung der Reformation und der Person Martin Luthers.