Briefzusteller entlässt 880 Mitarbeiter

Pin Group zieht vor das Bundeskartellamt. Niedersachsen will sich im Bundesrat querstellen.

Berlin/Hannover. Der Briefzusteller Pin Group geht gegen den Post-Mindestlohn beim Bundeskartellamt vor. Pin beantragte ein Eilverfahren gegen den Tarifvertrag zu den Lohnuntergrenzen, weil er den Wettbewerb behindere, wie das Unternehmen gestern erklärte. Zugleich gab die Pin Group die Entlassung von 880Mitarbeitern bekannt. Betroffen sind 300 Mitarbeiter in Brakel (NRW), 100 in Hamburg, 230 in Hannover und Braunschweig (Niedersachsen) sowie 250 in Kassel (Hessen).

Nach Auffassung der Pin Group hat der zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste (AGV) und der Gewerkschaft Verdi vereinbarte Tarifvertrag wettbewerbsverhindernde Wirkung. Daher müsse das Kartellamt die gesetzliche Ausweitung des Vertrags auf die gesamte Branche über das Entsendegesetz zum 1.Januar 2008 untersagen.

In der Aufbauphase der Pin Group könne sich das Unternehmen "einen Blockadelohn" von 9,80 Euro pro Stunde nicht leisten, sagte Pin-Chef Günter Thiel. Anders als die Deutsche Post sei die Pin Group nicht von der Mehrwertsteuer befreit. Dies bedeute einen zusätzlichen Nachteil von mehr als 19Prozent gegenüber dem Konkurrenten.

Niedersachsen kündigte derweil an, der Einführung des Mindestlohns im Bundesrat nicht zustimmen zu wollen. FDP-Landes- und Fraktionschef Philipp Rösler erklärte, die CDU/FDP-Koalition in Hannover werde die Ausdehnung des Entsendegesetzes auf den Postbereich ablehnen, weil dieses Vorhaben eine Vielzahl von Arbeitsplätzen koste.

Die Niederlande wollen angesichts der Entwicklung in Deutschland die für 1. Januar geplante Liberalisierung ihres Postmarktes verschieben. Der Dienstleister TNT Post kritisierte, durch den deutschen Mindestlohn gebe es in Europa keine Konkurrenz zu gleichen Bedingungen.

Für EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes ist der deutsche Post-Mindestlohn ein Beweis für die mangelnde Liberalisierung des Briefmarktes in der EU. Die Leidtragenden dabei seien die Kunden, die überhöhte Preise zahlten, sagte Kroes. Dabei bekomme die Deutsche Post im Ausland auch die andere Seite zu spüren: Während sie in Deutschland den Wettbewerbern den Markteintritt schwer mache, scheitere sie in anderen Ländern selbst an der Vormachtstellung nationaler Unternehmen.