Bundespräsident: Kandidaten-Kür im Eiltempo absolviert

Beim Abendessen im Kanzleramt fragte Merkel Wulff, ob er sich die Köhler-Nachfolge vorstellen könne.

Berlin. Irgendwie hat man den Eindruck, dass alle Beteiligten schnell einen Schlusspunkt unter die Personalie setzen wollen: Es ist Donnerstagabend, und die Szene spielt im Reichstagsgebäude.

Angela Merkel und ihre Parteivorsitzenden-Kollegen Guido Westerwelle und Horst Seehofer haben den Kandidaten Christian Wulff in ihre Mitte genommen.

Kaum ein Lächeln bei dem Quartett. Die Kanzlerin spricht als erste wenige Sätze: Sie halte Wulff für einen "wunderbaren künftigen Bundespräsidenten", sagt die Kanzlerin ohne innere Anteilnahme.

Die FDP lobt den "klaren inneren Kompass" des Ministerpräsidenten, der in Hannover eine schwarz-gelbe Koalition auf Landesebene leitet. CSU-Chef Seehofer schließlich verweist auf die Tatsache, dass es im Präsidium seiner Partei "keine Gegenstimme" gegeben habe.

Der designierte Bundespräsident bedankt sich artig. Das Ganze dauert sechs Minuten. Fragen werden nicht zugelassen.

Hinter den Beteiligten liegen drei turbulente Tage. Sie beginnen mit einem Telefonat Köhlers am Montag mit der Kanzlerin. Am Abend signalisiert Merkel der SPD, dass sie einen Kandidaten suchen werde, der für die Opposition akzeptabel sein würde.

Am Dienstag besprechen sich zunächst die Parteivorsitzenden in kleiner Runde im Kanzleramt. Es wird an einem Profil des Kandidaten gearbeitet: Belastbar solle er sein, Berufspolitiker und in der exekutiven Politik erfahren.

Vier CDU-Namen fallen: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, Finanzminister Wolfgang Schäuble, Parlamentspräsident Norbert Lammert und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen.

Schnell melden sich der hessische und der baden-württembergische Ministerpräsident. Roland Koch und Stefan Mappus legen ein Veto ein: Ihnen sind zwei Frauen an der Spitze von Staat und Regierung zu viel.

Am Abend lädt Merkel den Niedersachsen zum Essen in die Regierungszentrale, fragt ihren Gast, ob er sich vorstellen könne, die Köhler-Nachfolge anzutreten. Wulff zögert, bittet um Bedenkzeit.

Am Mittwochnachmittag meldet sich der Hannoveraner bei seiner Duz-Freundin: Er stehe bereit. 76 Stunden nach Köhlers Rücktritt hat die Koalition ein Problem weniger.