Christian Lindner — der Hoffnungsträger
Mit 25 war er der jüngste Generalsekretär der Landes-FDP. Er beklagt die Verengung der Partei auf das Steuerthema.
Berlin. „Er traut sich noch nicht“ — seit Tagen war das die Antwort aus den FDP-Führungsetagen auf die Frage, ob Christian Lindner die Nachfolge von Guido Westerwelle an der Spitze der Partei antreten will.
Kein anderer hat in der FDP eine derartige Blitzkarriere hingelegt. Niemand wird bei den Liberalen so uneingeschränkt mit dem Etikett „Hoffnungsträger“ versehen, wenn es um die Ära nach Westerwelle geht. Unter normalen Umständen wäre der Generalsekretär der „geborene“ Nachfolger an der Parteispitze. Doch die Zeiten sind für die FDP alles andere als normal. Die Partei steckt in ihrer tiefsten Identitätskrise seit der Spenden- und Antisemitismus-Affäre um Jürgen Möllemann vor acht Jahren.
Diese Ausgangslage macht zugleich das größte Manko Lindners deutlich: Der 32-Jährige ist noch sehr jung und hat noch keine Regierungserfahrung.
Möllemann hatte das Nachwuchstalent entdeckt und gefördert. 2000 wurde der Mann aus Wermelskirchen jüngster Landtagsabgeordneter in Düsseldorf, mit 25 jüngster Generalsekretär der Landespartei. Als nach der Bundestagswahl 2009 das gesamte Führungspersonal der Bundespartei in Regierungsämter strebte, machte Guido Westerwelle den Bundestagsabgeordneten zum Nachfolger von Generalsekretär Dirk Niebel, der Entwicklungshilfeminister wurde.
Mit meist frei gehaltenen Reden verschaffte er sich rasch Hochachtung. Obwohl von Westerwelle gefördert, wahrte Lindner stets eine gewisse Unabhängigkeit.
So beklagt er bis heute eine „argumentative Verengung“ Westerwelles auf Steuersenkungen. Die Steuergeschenke für Hoteliers hält er im Nachhinein ebenso für falsch wie Westerwelles Herumreiten auf einer Neuregelung der Sozialhilfe.
Christian Lindner will seine Partei auch für Intellektuelle wieder attraktiv machen. Jetzt sieht es so aus, als ob er schneller springen muss als geplant — entweder allein an die Spitze oder im Tandem mit Philipp Rösler.