Deutschland Grundschüler halten wieder mit
Aufatmen bei Deutschlands Lehrern und Politikern: Bei der zweiten internationalen IGLU-Grundschulstudie 2006 belegen sie Rang 11 unter 35 Nationen und 10 Regionen.
Berlin. Deutschlands Grundschüler können mit ihren Leistungen beim Lesen und Textverständnis im weltweiten Vergleich gut mithalten. Bei der zweiten internationalen IGLU-Grundschulstudie 2006 belegen sie Rang 11 unter 35 Nationen und 10 Regionen. Damit landeten die deutschen Viertklässler auf dem gleichen Platz wie beim ersten IGLU-Test 2001. Doch Verbesserungen gibt es sowohl bei der Leseleistung insgesamt wie auch bei der Förderung von Risikoschülern und Migrantenkindern. IGLU belegt allerdings erneut die fehlende Chancengleichheit beim Übergang von der Grundschule ins Gymnasium. Hier haben laut Studie die Probleme eher zugenommen.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte bei der IGLU- Präsentation am Mittwoch in Berlin, kein anderes Land in Europa habe in der vierten Schulklasse „ein so hohes Leseniveau wie Deutschland.“ Die Ergebnisse seien eine Ermutigung für weitere Bildungsreformen. Kultusminister-Präsident Jürgen Zöllner (Berlin/SPD), sieht in den IGLU-Ergebnissen den Beweis, dass sich Engagement für eine bessere Schule lohne. Die Nachteile von hochintelligenten Arbeiterkindern beim Übergang von der Grundschule auf das Gymnasium bezeichnete er als „Herausforderung“.
Laut IGLU fällt es Zehnjährigen aus der Oberschicht immer leichter, selbst bei weit unterdurchschnittlichen Leistungen eine Empfehlung ihrer Grundschule für den Besuch des Gymnasiums zu erhalten. Von einem Kind aus einem einfachen Arbeiterhaushalt dagegen werden dafür immer höhere Leistungen verlangt.
Die umstrittene Schullaufbahnempfehlung hat seit dem deutschen PISA-Schock 2001 in mehreren Bundesländern wieder erheblich an Bedeutung gewonnen. Der deutsche IGLU-Koordinator Wilfried Bos warnte davor, dies den Grundschullehren anzulasten. Dies sei vielmehr ein „institutionelles Problem“. In Großstädten sollten einige Gymnasien zu Ganztagsschulen umgewandelt werden und sich für mehr Förderung öffnen.
IGLU testet nicht nur das Lesevermögen sondern vor allem die Fähigkeit, aus dem Gelesenen Schlüsse zu ziehen. In Deutschland wurde der Test im Frühjahr 2006 an 397 Schulen gemacht. Insgesamt nahmen daran 7900 Viertklässler teil.
Dabei schafft es die deutsche Grundschule laut Studie recht gut, am Ende der vierten Klasse insgesamt ein hohes Leseniveau zu erreichen. Der Anteil der „Risikokinder“ wird mit 13,2 Prozent als „vergleichsweise gering“ ausgewiesen. Gegenüber 2001 sank er. Nur Hongkong und die Niederlande haben einen noch geringeren Anteil.
Mit einer Gesamtleistung von 548 Punkten (2001: 539) liegt Deutschland im oberen Viertel der 45 Teilnehmer. Doch nur jeder Zehnte in Deutschland (10,8 Prozent) gilt als Spitzenleser. Die sei „unbefriedigend“. Internationale Spitzenreiter sind Russland (565 Punkte) und Hongkong (564), die Schlusslichter Marokko (323) und Südafrika (302). Bei Russland gibt es allerdings einige statistische Probleme. Deutschland hat nach Aussage von Bos die wenigsten Schüler ausgeschlossen und müsse eigentlich höher im Ranking liegen.
In Deutschland haben Kinder aus „bildungsnahen Elternhäusern“ mit 67 Punkten einen deutlichen Leistungsvorsprung vor Kindern aus „bildungsfernen“ Familien. Der Vorsprung ist zwar gesunken - laut Studie aber immer noch deutlich deutlich größer als im Mittel der anderen Teilnehmer.
In allen Teilnehmerstaaten lesen Mädchen besser als die Jungen. In Deutschland ist die Differenz mit sieben Punkten (Mädchen: 551 - Jungen: 544) jedoch vergleichsweise gering. In Schweden, Norwegen und England liegen die Mädchen fast 20 Punkte vor den Jungen. In Deutschland wie auch international erreichen die Kinder nach dem Besuch einer Vorschule eine höhere Lesekompetenz in der Grundschule.
In Deutschland gibt es weniger Viertklässler (14,2 Prozent), „die in ihrer Freizeit nie oder fast nie zum Spaß lesen“, als im weltweiten Schnitt (18,1 Prozent). Dagegen gilt „die leseförderliche Atmosphäre im Elternhaus“ als geringfügig schlechter.