Tagesmütter: Wer darf unsere Kinder betreuen?
Das Land hat versäumt, einheitliche Standards zu schaffen.
Düsseldorf. Bei einer Blinddarmoperation ist die Sache klar: Egal, in welches Krankenhaus der Patient geht - er kann erwarten, dass ihm der Arzt fachgerecht hilft. Eltern, die ihr Kind bei einer Tagesmutter in Pflege geben, haben es da nicht so leicht. Denn jede Kommune in Nordrhein-Westfalen stellt zum Teil extrem voneinander abweichende Anforderungen an die Betreuungspersonen. Es gibt keine landesweit einheitlichen Qualitätsstandards.
Im Gesetz steht eine Soll-, keine Muss-Bestimmung
Zwar tauchen Tagesmütter im Kinderbildungsgesetz (KiBiz) erstmals in einem Ländergesetz auf; doch Kritiker bemängeln, dass die Vorgaben nicht verbindlich sind. So heißt es im Gesetz zwar, dass die Qualifizierung von Tagesmüttern 160 Unterrichtsstunden nach dem Curriculum "Qualifizierung in der Tagespflege" vom Deutschen Jugendinstitut umfassen sollte. Das ist jedoch keine Vorschrift: "Es handelt sich lediglich um eine Empfehlung für die Jugendämter in den Kommunen", heißt es aus dem Landesfamilienministerium. Bettina Konrath vom Tagesmütterverband Nordrhein-Westfalen hätte sich gewünscht, dass eine Mindestqualifikation gesetzlich festgeschrieben wird: "Frühkindliche Erziehung sollte überall im Bundesland einheitlich gefördert werden, damit Kinder die gleichen Startchancen haben, auch wenn die Eltern umziehen." Heute gebe es Kommunen, die schon nach 30 Stunden eine Tagespflegeerlaubnis ausstellten, und solche, die bereits 160 Stunden forderten, sagt sie. "Da fragen sich auch die Tagesmütter: Warum wird von uns mehr verlangt?" Auch Marie-Theres Kastner, familienpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, hatte sich dafür stark gemacht, dass eine einheitliche Qualifizierung verbindlich wird. "Unser Ziel ist es schließlich, dass Frau Meyer nicht einfach sagen kann: So, jetzt betreue ich mal die Nachbarskinder." Das Problem sei allerdings, dass es bereits von den Kommunen anerkannte Tagesmütter gebe, die über jahrelange Berufserfahrung verfügten. "Denen kann man nicht sagen: Jetzt fang noch mal von vorne an. Das kann man den Tagesmüttern bei dem niedrigen Gehalt nicht zumuten", sagt Kastner.Wolfgang Tietze vom Berliner Pädquis-Institut für Kleinkindpädagogik bezweifelt generell, dass 160 Schulungs-Stunden für Tagesmütter ausreichen: "Das wäre zwar schon ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Praxis, aber das ist immer noch zu wenig für so eine verantwortliche Tätigkeit."