#Brüssel #brusselsattacks Deutschland ist im Visier des islamistischen Terrors

Die Bundesregierung warnt nach den Brüsseler Attentaten vor Gefährdern. Der Datenaustausch soll verbessert werden.

Nicht nur im Brüsseler Stadtteil Molenbeek - Aufnahme vom vergangenen Freitag - leben islamistische Terroristen. In Deutschland wissen die Sicherheitsbehörden um rund 450 Gefährder.

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Berlin. Auch vor dem Kanzleramt wehten am Mittwoch die Fahnen auf Halbmast. Am Morgen begann dort die Sitzung des Bundeskabinetts mit einer Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer der Anschläge von Brüssel. Anschließend berichteten Innenminister Thomas de Maizière (CDU), Justizminister Heiko Maas (SPD) und der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), über die Lage aus Sicht ihrer Ministerien.

Der Tenor: Die Sicherheitsbehörden des Bundes seien in einem engen Austausch mit den belgischen und europäischen Behörden. Noch gebe es keine Erkenntnisse über eine Verbindung der Attentäter nach Deutschland.

Fakt ist freilich: Die Bundesrepublik ist im Visier des islamistischen Terrors. Das Innenministerium teilte mit, dass aktuell mehr als 800 deutsche Islamisten in die Kampfregionen rund um Syrien gereist sind. Sie hätten sich dort dem sogenannten Islamischen Staat oder anderen terroristischen Gruppierungen angeschlossen. Etwa ein Drittel dieser Personen sei nach Deutschland zurückgekehrt "und ist im Blick der Sicherheitsbehörden". Alles in allem gebe es derzeit rund 450 Gefährder, die sich hierzulande aufhielten. "Die Lage ist ernst, sie ist bitterernst", so de Maizière in einer ersten Bewertung der Bedrohungslage.

"Standardmäßig", wie es am Mittwoch hieß, hatte die Regierung unmittelbar nach den Anschlägen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht: So wurde die Polizeipräsenz an Bahnhöfen, Flughäfen und an den Außengrenzen zu den Benelux-Ländern verstärkt. Auch wurde die Observierung von potentiellen Gefährdern intensiviert. Genauere Details nannten Sicherheitskreise nicht. Das Innenministerium hob hervor, dass es vor allem in der europäischen Kooperation der Terrorbekämpfung noch "Hindernisse" gebe.

Innenminister de Maizière hatte schon vor den Anschlägen in einem Brief an die Europäische Kommission Verbesserungen angemahnt. So müsse die Effektivität der bestehenden Datenpools erhöht werden und Erkenntnisse für alle entscheidenden Behörden abrufbar gemacht werden. Der bessere Datenaustausch wird auch Thema des geplanten Sonder-Rates der Justiz- und Innenminister der EU-Staaten werden, der am heutigen Donnerstag stattfinden soll.

Innenpolitisch hielten sich die Koalitionäre mit dem Ruf nach sicherheitspolitischen Konsequenzen am Mittwoch noch zurück. Die Debatte steht erst am Anfang. Hintergrund ist, dass die große Koalition aus Union und SPD auf die wachsende Bedrohung bereits nach den Anschlägen von Paris im November letzten Jahres reagiert hat: So wurde das Reisen in terroristischer Absicht unter Strafe gestellt.

Auch bekamen die Behörden die Möglichkeit, Extremisten nicht nur den Pass, sondern überdies den Personalausweis zu entziehen, um sie an der Ausreise in Kampfgebiete zu hindern. Darüber hinaus wurden die Mittel für die innere Sicherheit in der Haushaltsplanung deutlich erhöht und ein Straftatbestand zur leichteren Verfolgung der Terrorismusfinanzierung geschaffen. Die Behörden des Bundes erhalten rund 4.000 Stellen zusätzlich und eine bessere Ausrüstung.

Doch reicht das aus? Zumindest Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CSU) betonte, es gebe noch Handlungsbedarf. Personen, die im Ausland für eine Terrormiliz gekämpft hätten und neben der deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft besäßen, müssten "die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Das wäre ein starkes Signal. Auch Frankreich geht inzwischen diesen Weg", erklärte Strobl.