„Europa-Skepsis stärkt Rechte“
Politologe Alexander Häusler rechnet mit Erstarken der Anti-Europäer bei der Wahl. Der Düsseldorfer rät aber, zu differenzieren.
Düsseldorf. Trotz der Stimmeneinbußen für die Rechtspopulisten in den Niederlanden rechnet der Rechtsextremismusforscher Alexander Häusler (Foto: dpa) mit einem Erstarken rechter Kräfte bei der Europawahl. Über Ursachen und Trends sprach der Düsseldorfer Politikwissenschaftler mit unserer Zeitung.
Herr Häusler, warum haben pro-europäische Parteien bei der Wahl einen schweren Stand?
Alexander Häusler: Die Stärke der Rechten ist letztlich eine Krise der Demokratie. Verantwortlich dafür ist eine Europa-Skepsis mit durchaus realistischem Hintergrund. Wenn zum Beispiel von einer alternativlosen Sparpolitik geredet wird, dann ist das Wasser auf die Mühlen jener Kräfte, die einfache Freund-Feind-Bilder pflegen und scheinbar einfache Antworten auf komplexe Probleme liefern.
Auffällig ist, dass dieses Phänomen nicht nur in Krisenstaaten wie Griechenland anzutreffen ist, sondern auch in vergleichsweise wohlhabenden Ländern wie Großbritannien. Wie erklärt sich das?
Häusler: Der frühere Ost-West-Konflikt wurde durch einen Nord-Süd-Konflikt abgelöst. Er basiert auf einem Wohlstands-Chauvinismus. Die reichen Industriestaaten grenzen sich von den ärmeren EU-Ländern ab. Der rechte Populismus im Norden kommt als nationalistische Besitzstandswahrung daher. Und in den ärmeren Ländern spielt den Rechten die schlechte soziale Lage in die Hände.
Aber das rechte Spektrum ist doch sehr breit gefächert.
Häusler: Richtig, insofern gibt es auch klare Unterschiede. Im Süden und Osten Europas haben wir es mit einem Erstarken neofaschistischer und rechtsextremer Kräfte zu tun. Dafür stehen beispielsweise die „Goldene Morgenröte“ in Griechenland und die Jobbik-Partei in Ungarn. Dagegen dominieren im Norden und Westen Europas eher rechtspopulistische Kräfte.
Wo ordnen Sie die AfD ein?
Häusler: Die AfD ist eine Partei mit deutlich nationalkonservativer, marktradikaler und zum Teil auch rechtspopulistischer Stoßrichtung. Sie ist offen für Allianzen, die sich zwischen den europa-skeptischen und nationalistischen Konservativen in Großbritannien und rechtspopulistischen Gruppierungen wie etwa der britischen Ukip bewegen.
Viele Bürger empfinden Brüssel als weit weg vom realen Leben. Aber deshalb sind sie doch nicht direkt Rechte.
Häusler: Völlig richtig. Die Skepsis gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung Europas ist ja durchaus begründet. Und auch linke Bewegungen kritisieren die neoliberale Krisenpolitik. Es geht aber nicht um die Frage, ob man Kritik an der Europa-Politik äußern darf, natürlich darf man. Entscheidend ist die politische Grundierung dieser Kritik. Will man zurück zum Nationalismus, oder will man eine demokratisch-transnational gestaltete Politik in Europa.