Europa will keine Großbank untergehen lassen

Treffen: Die Finanzminister einigen sich auf Garantie. Dennoch gibt es keine Beruhigung an den Börsen.

Luxemburg. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass das Vertrauen in die Finanzbranche erschüttert ist, so lieferten ihn die Börsianer am gestrigen Dienstag. Sie nämlich schenkten Marktgerüchten mehr Glauben als harten Dementis der Deutschen Bank und als schriftlichen Versprechen der europäischen Finanzminister. Diese gaben bei ihrem Treffen in Luxemburg eine ausdrückliche Garantie ab, keine Großbank Pleite gehen zu lassen.

Diese weitreichende Ansage schützte jedoch weder Deutschlands größte Bank noch Schwergewichte aus Großbritannien vor erneuten spekulativen Attacken auf ihren Aktienkurs. Die Börsenkurse von Deutscher Bank, Royal Bank of Scotland oder Lloyds lagen zwischenzeitlich zweistellig im Minus. Dass die Nerven der Akteure in den Banken und Handelsräumen mittlerweile blank liegen, zeigte sich auch an der allergischen Reaktion auf neue Hiobsbotschaften aus Island. Unter normalen Bedingungen wären finanzielle Nöte in diesem fernen Teil Europas wohl kaum ein Faktor, der in London oder Frankfurt Aktienkurse bewegt. In der aktuellen Stimmungslage mit der gefährlichen Mischung aus schlechten Nachrichten und noch schlechteren Vorahnungen jedoch sorgte Islands Hiobsbotschaft für Aufsehen in den Handelsräumen.

Auf der Suche nach Gründen, warum die Zusagen der EU-Finanzminister - Rettung in der Not, Erleichterungen bei der Bilanzierung, höhere Absicherungen von Sparvermögen - nicht für Beruhigung am Markt beitragen, ist die Stellungnahme eines Börsianers aufschlussreich. Mittlerweile, so der Händler, herrsche Skepsis, dass die Staaten überhaupt noch die Finanzkraft hätten, große Institute wie die Deutsche Bank im Notfall zu retten. Die Sorge ist fatal, bedeutet sie doch nichts anderes als die Umkehrung der bislang geltenden Vermutung, dass große Banken nicht untergehen können, weil das kein Staat zulassen würde.

Nun also geht die Angst um, gerade gewichtige Finanzkonzerne könnten fallen, weil niemand sie mehr halten könne, nicht einmal Europa mit vereinten Kräften. Gestern ist es Europas Finanzministern erstmals seit Ausbruch der Finanzkrise gelungen, ein Bild der Geschlossenheit zu vermitteln. Dazu trug bei, dass sich Deutschlands Staatssekretär Jörg Asmussen und Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde ungewöhnlich eng an den gemeinsam vereinbarten Text hielten und keine nationalen Zusatzerklärungen abgaben. Scheinbar haben Mahnungen wie die des schwedischen Ressortchefs Anders Borg endlich gewirkt: "Wenn alle Länder versuchen, eine Lösung für sich zu finden, ist die Lösung des einen Landes das Problem des anderen Landes". Selbst Irland - durch sein Vorpreschen bei der Einlagensicherung in die Kritik geraten - zeigte sich nachträglich einsichtig und beschwor einen gemeinsamen Ansatz.