Analyse: Der emotionale Kampf um das neue Erbrecht

Union und Wirtschaftsverbände kämpfen gegen neue Regeln für Firmeninhaber.

Berlin. Wenn am Dienstag Nachmittag die zwölf Politiker von Union und SPD zusammentreten, können sie gleich zur Sache kommen - ohne Umschweife und lange Vorreden.

Schließlich haben die meisten Unterhändler aus dieser Runde um Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) schon vor gut einem Jahr einen Durchbruch bei der Reform der Erbschaftsteuer gefeiert.

Davon wollen viele Koalitionäre, die damals mit am Tisch saßen, inzwischen aber nichts mehr wissen. Vor allem die CSU pocht mit der Wirtschaft auf Korrekturen.

Der Streit um die Steuerbelastung von Erben wird emotional geführt, obwohl der Staat in vielen anderen Ländern bei vererbtem Vermögen weit stärker zulangt als in Deutschland. Die meisten Erben werden hierzulande vom Fiskus gar nicht belangt.

2007 wurden in Deutschland schätzungsweise 150 Milliarden Euro an Erben vermacht, die Länder kassierten aber nur vier Milliarden Euro. Deutschlands Erben tragen damit gerade einmal knapp ein Prozent zum Steueraufkommen bei.

Daran wird sich auch durch die Reform nur wenig ändern, auch wenn Politik und Lobbyisten verbissen kämpfen. Das Verfassungsgericht verlangt, dass alle Vermögen gleich behandelt werden. Immobilien und Betriebsvermögen müssen marktnäher, sprich höher bewertet werden als bisher. Trotz der teils drastischen Aufwertung von Immobilien soll normales Familienvermögen weiter steuerfrei an Kinder und Enkel vererbt werden können. Dazu kommen hohe Freibeträge (siehe Kasten).

Das ist zuletzt in Vergessenheit geraten, streiten Politik und Wirtschaftsverbände doch vor allem um die künftigen Begünstigungen für Firmenerben. Viel zu lange, unrealistische Haltefristen und zu komplizierte Vorgaben, wettern Wirtschaftsverbände und einige Unionsvertreter unisono.

Glaubt man Industrie und Wirtschaftskammern, droht eine Massenabwanderung großer Familienunternehmen ins Ausland oder ein Firmensterben.

Vor allem Handwerker und Mittelständler dürften aber von der Reform profitieren. Schon in der Vergangenheit war kaum ein größerer Fall bekannt, in dem ein Betriebserbe wegen der Erbschaftsteuer aufgeben musste. Um vor ihr zu "fliehen", müssten Unternehmer und auch Nachfolger noch lange vor dem Erbfall ihren Wohnsitz sowie sämtliche Werke ins Ausland verlagern.