Krisenmanagement: Die Jagd nach den Schuldigen
Peer Steinbrück schimpft auf den Vorstand des Instituts, doch nun gerät der Finanzminister selbst in die Kritik.
München. Nach dem vorläufigen Scheitern des 35 Milliarden Euro schweren Rettungspakets für die Hypo Real Estate (HRE) ist eine heftige Diskussion um die Schuld an dem Desaster entbrannt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte gestern an, dass die Verantwortlichen der Bank zur Rechenschaft gezogen werden sollen. "Das sind wir auch dem Steuerzahler in Deutschland schuldig." In der Kritik steht vor allem Vorstandschef Georg Funke, der trotz des Debakels noch immer im Amt blieb.
Gleichzeitig wurde aber auch Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung laut. "Das Scheitern des Rettungspakets ist ein Scheitern der politisch Verantwortlichen", sagte der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin.
Vor allem die Rolle von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist umstritten. Er hatte mehrfach öffentlich von einer geplanten Abwicklung des Münchner Konzerns gesprochen, obwohl am vergangenen Montag erst dessen Rettung verkündet worden war.
Eine Abwicklung hätte das Ende des riesigen Finanzkonzerns bedeutet. "So ein Gerede von der Abwicklung ist für eine börsennotierte Bank tödlich", hieß es gestern in Finanzkreisen im Umfeld der HRE. Aus Angst vor dem Aus für die Bank hätten durch diese Äußerungen weitere Investoren und Banken den Geldhahn zugedreht und die Krise verschärft.
Am Samstagabend musste die Hypo Real Estate das Scheitern des Rettungspakets bekanntgeben, da die Banken ihre Kreditzusagen zurücknahmen. Die "Welt am Sonntag" hatte zuvor berichtet, die Deutsche Bank habe bei einer Prüfung festgestellt, dass die HRE deutlich mehr Geld brauche als bisher bekannt.
Tag und Nacht suchten Bundesregierung und Banken am Wochenende nach einer neuen Lösung für den Konzern, um desaströse Auswirkungen auf das deutsche Finanzsystem zu verhindern.
Das Finanzministerium hatte erst nach einer tagelangen Unsicherheit klargestellt, dass die Bemühungen auf eine Rettung des Konzerns ausgerichtet seien. "Es gibt gar keinen Zweifel, dass sich die Liquiditätslage der Depfa-Bank in der zurückliegenden Woche durch die Spekulationen über eine Abwicklung der Hypo Real Estate Group verschlechtert hat", sagte ein HRE-Sprecher in München.
Steinbrück selbst äußerte sich gestern hingegen empört über das Management des Konzerns. "Die Bundesregierung lehnt es ab, von diesem Bankeninstitut in eine Art Mitverantwortung gezogen zu werden."
Warum sich Steinbrück tagelang so missverständlich geäußert hat, ist vielen in München aber ein Rätsel. "Die sind ja nicht volltrunken, sondern müssten wissen, was sie tun", hieß es in München. Normalerweise müsse sich ein Finanzminister in einer so dramatischen Situation überzeugt von der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zeigen, um damit für eine Stabilisierung zu sorgen.
Auch die Interessen der anderen Banken seien unklar. "Das sind keine Freunde und Förderer der Hypo Real Estate", heißt es. Sie wollten zwar eigenen Schaden verhindern. Andererseits könne ihnen aber auch eine Zerschlagung des Konzerns nutzen, wenn sie daraus Vorteile ziehen könnten und einen Marktteilnehmer los würden, argumentiert man in Finanzkreisen.