Seehofer gewinnt den Machtpoker
Bayern: Die Landesminister Joachim Herrmann und Thomas Goppel ziehen ihre Kandidaturen für das Amt des Ministerpräsidenten zurück. Der Bundesminister wechselt nach München.
München. Horst Seehofer hat gesiegt. Nach einem beispiellosen parteiinternen Machtpoker ist klar: Der amtierende Bundesagrarminister wird als künftiger bayerischer Ministerpräsident von Berlin nach München wechseln. Einen Tag vor der entscheidenden Sitzung der Landtags-CSU haben seine beiden verbliebenen Mitbewerber, Innenminister Joachim Herrmann und Wissenschaftsminister Thomas Goppel, ihre Kandidaturen zurückgezogen.
Bis zuletzt hatten die beiden ihre Bewerbungen aufrechterhalten - wie es in CSU-Kreisen heißt, um sich ihre Pfründe in der künftigen Koalitionsregierung zu sichern. Denn ihre Chancen, eine Kampfabstimmung gegen Seehofer zu gewinnen und den zurückgetretenen Günther Beckstein auf dem Bayern-Thron zu beerben, waren gering. Zu groß war die Welle der Unterstützung für Seehofer.
Für alle drei Kandidaten hatten sich in den vergangenen Tagen die Unterstützer-Truppen gesammelt - mit einem ganz eindeutigen Vorteil für Seehofer. Die CSU-Bezirksvorstände Oberbayern, Oberpfalz, Niederbayern, Schwaben und München stellten sich hinter Seehofer. Herrmann hatte lediglich Mittelfranken hinter sich, Goppel wurde in Unterfranken favorisiert, die CSU Oberfranken legte sich nicht fest. Klar war: Die Mehrheit der Fraktion wird damit auf Seiten Seehofers sein. Aber Goppel und Herrmann pokerten hoch. Herrmann sagte auf die Frage nach einer Kampfabstimmung noch am Montag: "Wenn es so käme, dann wäre das sicherlich auszuhalten."
Nun müssen Goppel und er keine Kampfabstimmung aushalten. Sie haben sich der Parteibasis gebeugt. Und dort ist die Stimmung nach dem Fiasko der CSU bei der Landtagswahl klar: Der Wunsch ist groß, dass es nach der nur einjährigen Amtszeit des glücklosen Führungs-Tandems aus Günther Beckstein und Erwin Huber ein Mann an der Spitze machen soll - Horst Seehofer. Er soll, das wünschen sich viele CSUler, die Partei aus ihrer schweren Krise führen, soll den vielbeschworenen "Mythos CSU" wiederauferstehen lassen, soll der Partei ihren alten Stolz zurückgeben - und die CSU als Parteichef und Ministerpräsident erfolgreich durch das Bundestags- und Europawahljahr 2009 führen. Seehofer als letzter Trumpf der CSU - so sehen das derzeit viele in der Partei.
Vergessen scheint, dass Seehofer noch bis vor kurzem keineswegs ein Liebling der Landtagsfraktion war. Völlig unbeachtet bleibt, dass er sich bei der Landtagswahl ja gar nicht selbst zur Wahl stellte - wenngleich er bei vielen Kundgebungen auftrat. Und eine unbedeutende Formalie am Rande ist, dass Seehofer in der CSU-Fraktionssitzung in der vergangenen Woche eigentlich erklärte, er stehe nur bereit, wenn kein anderer Bewerber aus der Landespolitik in der Fraktion eine breite Mehrheit hinter sich versammle.
Um diesen letzten Punkt scherten sich auch die Bezirksverbände nicht, die Seehofer nicht als Reservekandidaten, sondern als gleichberechtigten Bewerber neben Goppel, Herrmann und Landtagsfraktionschef Georg Schmid ansahen. Und die sich mehrheitlich hinter Seehofer versammelten.
Bei einem Geheimtreffen im bayerischen Innenministerium schufen Herrmann, Goppel, Seehofer und der scheidende CSU-Chef Erwin Huber nun Fakten. Letztlich sei es nur noch darum gegangen, die Konditionen für einen ehrenvollen Rückzug auszuhandeln, hieß es.