Furcht vor einem Zerfall der Ukraine

Geplante Referenden könnten entscheidender Schritt sein.

Foto: Tim Brakemeier

Moskau. Der vom Westen geforderte Dialog der pro-europäischen Regierung in Kiew mit den pro-russischen Kräften in der Ost-Ukraine ist nicht in Sicht. Ohne diese Friedensgespräche — da sind sich Russland und die EU einig — wird es aber keine Lösung in dem Konflikt geben.

Die von den USA und der EU unterstützte Regierung in Kiew und die von Moskau unterstützten pro-russischen Kräfte in der Ost-Ukraine erkennen sich gegenseitig nicht an. Die Aktivisten im Raum Donezk und Lugansk lehnen die Führung in Kiew ab, weil diese durch einen Umsturz an die Macht gekommen sei. Die pro-westliche Regierung wiederum wirft den Separatisten vor, im Auftrag Russlands das Land auseinanderzureißen.

Dass Interimspräsident Alexander Turtschinow und sein Regierungschef Arseni Jazenjuk in Kiew die Regierungsgegner wiederholt als „Terroristen“ bezeichnen, entspannt die Lage nicht. „Kiew hat uns stets belogen“, sagt Denis Puschilin, Chef der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“. „Vereinbarungen wurden nicht eingehalten, Unterschriften und Worte sind für uns wertlos“, betont er.

Russland hält sie für unsinnig, weil nicht nur die Lage im Osten chaotisch ist, sondern auch die in Aussicht gestellte neue Verfassung weiter auf sich warten lasse. Die USA und die EU wollen die Abstimmung aber auf jeden Fall durchziehen. Sie versprechen sich davon Stabilität. Allerdings verweist auch der Westen darauf, dass ein ohne die wichtigen Regionen der Ukraine gewählter Präsident im Grunde kein gesamtnationales Mandat haben werde.

Sie reagieren auf Drohungen aus Kiew, den „Anti-Terror-Einsatz“ mit bisher schon vielen Toten und Verletzten in der Ost-Ukraine fortzusetzen. Viele Einwohner sind zudem der Meinung, dass die vergleichsweise wohlhabende Region Donezk mit viel Industrie sich auch so ernähren kann. Viele Menschen betonten auch, dass sie den Westkurs des Landes in die EU nicht mittragen und lieber ihre russische Kultur verteidigen wollen. Zudem behauptet Moskaus Staatsfernsehen, dass in Kiew Faschisten an der Macht seien, die das Slawentum auslöschen wollten.

Die Regionen Lugansk und Donezk wollen eine Eigenständigkeit von Kiew erreichen, weil sie die Zentralregierung nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch für nicht legitim halten. Die Referenden könnten der entscheidende Schritt für einen Zerfall des Landes sein, wie der Moskauer Politologe Fjodor Lukjanow betont. Schon zuletzt hatte Kiew eingeräumt, die Kontrolle im Raum Donezk verloren zu haben. Fraglich ist aber, ob Russland die Referenden anerkennt — zumal Moskau dann neue Sanktionen drohten.

Grundsätzlich möglich ist solch ein Einsatz der Streitkräfte nach der Militärdoktrin Moskaus zum Schutz russischer Staatsbürger. Die Moskauer Machtführung hatte zuletzt wiederholt betont, dass es keine Pläne für einen Einmarsch gebe. Auch ein Anschluss der Gebiete an Russland sei nicht geplant.