Honorar-Reform bei den Ärzten: Die Mehrheit hat profitiert

Die Zahlen für das erste Quartal liegen vor: Verlierer sind danach die Mediziner in Baden-Württemberg und die Orthopäden.

Berlin. Ein Proteststurm fegte Anfang des Jahres über die Republik hinweg: Tausende von niedergelassenen Ärzten gingen bundesweit auf die Straße, um gegen die zum 1. Januar in Kraft getretene Honorar-Reform zu demonstrieren. Patienten standen vor geschlossenen Praxistüren, erhielten zum Teil keine Termine mehr.

Ein Arzt bekannte sogar in einer Boulevardzeitung, Vorkasse von den Patienten zu verlangen. Gestern nun veröffentlichte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Zahlen für das erste Quartal. Und danach hat die Mehrzahl der Ärzte von der Reform profitiert.

Mit den Änderungen fließen in diesem Jahr insgesamt rund dreiMilliarden Euro mehr in den Honorartopf für die etwa 145.000 niedergelassenen Ärzte - ein Grund für die Anhebung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung. Insgesamt gesehen hatten im ersten Quartal 65 Prozent der niedergelassenen Ärzte Ende März mehr in der Kasse als ein Jahr zuvor, wie die KBV mitteilte.

Allein die niedergelassenen Mediziner in Baden-Württemberg verzeichnen laut den vorläufigen Zahlen ein Minus von 0,7 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2008.

In allen anderen Ländern dagegen steht ein Plus vor der Zahl - wobei die Höhe deutlich variiert. Größte Gewinner der Reform sind die Ärzte in Berlin (plus 32,2 Prozent). Zudem ist laut KBV ein wichtiges Ziel der Reform erreicht worden: Die Honorare in Ostdeutschland wurden auf rund 95 Prozent des West-Niveaus angehoben.

In Nordrhein-Westfalen liegt der Anstieg unter dem Bundesdurchschnitt: Für den Bereich Westfalen-Lippe sind es 6,7 Prozent, für Nordrhein 4,2 Prozent. KBV-Chef Andreas Köhler betonte, in Nordrhein, aber auch in Bayern (3,5 Prozent) und Rheinland-Pfalz (5,3 Prozent) sei der Honorar-Zuwachs weit unterdurchschnittlich.

Hier gebe es "Nachbesserungsbedarf". Dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein von einem Plus von 9,4Prozent für die Ärzte in ihrem Bereich spricht, liegt an der Einrechnung von zusätzlichem Geld, für das die KV in Vorleistung gegangen war.

Auch zwischen und innerhalb der einzelnen Fachgruppen gibt es deutliche Unterschiede. Besonders stark legten Kardiologen zu - hier gehören 82 Prozent zu den Gewinnern - sowie Nervenärzte (80 Prozent) und Urologen (77 Prozent). Bei den Allgemeinmedizinern und hausärztlichen Internisten gehören 64 Prozent zu der Gruppe mit einem Plus in der Kasse.

Verlierer der Reform sind laut KBV-Zahlen dagegen die Orthopäden: 60 Prozent von ihnen hätten weniger Geld in der Kasse. Grund dafür: Sie können laut KV Nordrhein - im Gegensatz zu anderen Fachgruppen - kaum zusätzliche Leistungen abrechnen wie beispielsweise Schutzimpfungen.

Die Reaktionen auf die Veröffentlichung fielen unterschiedlich aus. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) teilte mit, dass sich die Protestaktionen der Ärzte als "völlig unangemessen" erwiesen hätten. Sie forderte die Mediziner daher auf, "unberechtigte Proteste" einzustellen.

Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, verteidigte die Proteste, durch die die Verluste abgemildert worden seien. Ob es weitere Aktionen geben wird, machte er von der "Gesamtbilanz" des Jahres abhängig.