Kita-Tarifstreit: Hängepartie bis zum Schluss
Einigung nach wochenlangen Streiks: Für die 220 000 Beschäftigten in kommunalen Kitas, Jugendzentren oder Behindertenwerkstätten ging es nicht um einfache Lohnerhöhungen, sondern um Zulagen, Aufstiegsmöglichkeiten und Eingruppierungen.
Frankfurt. Zweimal musste der übernächtigte Verdi-Chef Frank Bsirske am Montag die Pressekonferenz verschieben, bei der er dann die mühsam erzielte Einigung im Kita-Tarifstreit verkündete. Aber die eigene Basis hielt ihn auf und wollte genau wissen, was das Angebot der Arbeitgeber für den eigenen Geldbeutel bedeutet.
Das zu erklären, dürfte auch Bsirske nicht ganz leicht gefallen sein. Denn selbst erfahrene Tarifexperten hatten bei dem fünftägigen Verhandlungsmarathon Mühe, den Durchblick zu behalten. Für die 220.000 Beschäftigten in kommunalen Kitas, Jugendzentren oder Behindertenwerkstätten ging es nicht um einfache Lohnerhöhungen, sondern um Zulagen, Aufstiegsmöglichkeiten und Eingruppierungen.
Wie hoch die Einkommenszuwächse für die Beschäftigten am Ende wirklich sind, wollten beide Seiten denn auch nicht pauschal beantworten. Nach Angaben der Arbeitgeber liegt das Plus im Durchschnitt brutto bei rund 120 Euro im Monat. "Wenn es tatsächlich soviel ist am Ende, wäre ich sehr froh", meinte Bsirske.
Auf Prozentzahlen wollten sich beide Seiten nicht festnageln lassen. Vor allem die jungen Erzieherinnen profitierten von der Neuregelung. Schließlich würden beim Ausbau der Kinderbetreuung 80.000 Erzieherinnen zusätzlich gebraucht, sagte die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft GEW, Ilse Schaad.
Mit der ersehnten Einigung geht der größte Erzieher-Streik in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende. Der Druck, sich zu einigen, war zu groß geworden. Ein Scheitern der Tarifgespräche nach sechs Monaten Verhandlung, das räumten Arbeitgeber und Gewerkschaften ein, wäre kaum zu vermitteln gewesen.
Mit jedem zusätzlichen Streiktag hätten die Gewerkschaften fürchten müssen, die Unterstützung der Öffentlichkeit zu verlieren. Die Geduld der Eltern hatten sie ohnehin schon arg strapaziert.
Am frühen Montagmorgen, als die Verhandlungsführer schon 24 Stunden ohne Schlaf hinter sich hatten, akzeptierten die Gewerkschaften schließlich ein neues Angebot der Arbeitgeber. Nach einer Nacht ohne Schlaf verkündete der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA), Thomas Böhle: "Ich meine sagen zu können, dass wir uns in den letzten Zügen befinden - körperlich und seelisch und geistig."
Millimeterweise hatten sich beide Seiten angenähert. Am Ende der achten Verhandlungsrunde wollten sie unbedingt ein Ergebnis vorlegen. Das ist gelungen - um den Preis dicker Kröten: Die Arbeitgeber müssen mitten in der Wirtschaftskrise zusätzlich mehr als eine halbe Milliarde Euro aufbringen. Die Gewerkschaften hätten für ihre Mitglieder gerne noch höhere Einkommenszuwächse durchgesetzt.