Letzter Akt im Kita-Streit
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften rechnen mit einer Einigung im Tarifstreit. Bsirske: Chancen bei 60 Prozent.
Frankfurt. Die Anstrengung ist den Mitgliedern der Verhandlungskommissionen anzusehen. Drei Tage in Folge haben sie bis tief in die Nacht zusammengesessen und im Kita-Tarifstreit verhandelt, vor allem aber haben sie gerechnet und gerechnet.
Lange Zeit drangen keine Informationen zum Verhandlungsstand nach außen - bis Verdi-Chef Frank Bsirske Sonntagabend zum wiederholten Mal vor die Kameras trat und Optimismus verbreitete: Die Gespräche seien auf der Zielgeraden, die Einigungschancen lägen bei über 60 Prozent.
Die Gespräche wurden am Wochenende immer wieder unterbrochen, um die Angebote der Arbeitgeber für die 220.000 Beschäftigten in kommunalen Kindertagesstätten und Sozialeinrichtungen durchzurechnen. Mehrmals zogen sich die Spitzenleute beider Seiten, Verdi-Chef Bsirske und der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, zu Vier-Augen-Gesprächen zurück.
Die beiden kennen sich aus der Zeit, als Bsirske bei Tarifgesprächen noch auf der anderen Seite stand - als Personaldezernent der Stadt Hannover. Dass sie sich sogar duzen, dürfte die Verhandlungen etwas erleichtert haben. Böhle, im Hauptberuf Personalchef der Stadt München, beschrieb die Atmosphäre als "ziemlich gut".
Eine Einigung könnte es schon längst geben, hieß es im Gewerkschaftslager, wenn sich die Tarifparteien nicht erst monatelang einen "Stellungskrieg" geliefert hätten. Bsirske meinte, in der achten Runde habe "erstmalig" auf beiden Seiten die Bereitschaft bestanden, "wirklich ernsthaft" nach einer Lösung zu suchen.
Tatsächlich müssen sich die Verhandlungen in den ersten sieben Runden an der Oberfläche abgespielt haben. Denn die Tarifexperten entdeckten erst in den vergangenen Tagen, wie vertrackt die Themen sind, um die es geht. Selbst erfahrene Unterhändler beider Seiten stöhnten in den Pausen, noch nie in ihrer Laufbahn sei es in Verhandlungen um derart komplizierte Fragen gegangen.
"Das Maß der Komplexität war so nicht zu erwarten", musste Böhle eingestehen. Ursprünglich hatten die Verhandlungen nur bis Samstag dauern sollen, doch dann buchten die Delegationen ihre Hotelzimmer für zwei weitere Nächte.
Die Beteuerung, man wolle jetzt endlich den Abschluss, ist durchaus glaubwürdig, denn auch Arbeitgeber und Gewerkschaften wissen, dass sie die Geduld berufstätiger Eltern nicht auf Dauer strapazieren können. Doch auf das Verständnis der Öffentlichkeit und die Rückendeckung der Politik sind die Gewerkschaften angewiesen, schließlich können sie mit Streiks keinen wirtschaftlichen Druck auf ihre Gegenüber ausüben. Im Gegenteil: Die Kita-Gebühren fließen auch während der Streiks in die Gemeindekassen, und die Gehälter der Erzieherinnen werden aus der Streikkasse gezahlt.