Analyse Im Mai könnte Merz die nächste Chance bekommen

Aachen · Der unterlegene CDU-Kandidat will unbedingt ins Kabinett. Eine Umbildung ist nach der Europawahl wahrscheinlich.

Ihn zieht es mit Macht ins Bundeskabinett: Friedrich Merz.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Friedrich Merz hat sich um ein Ministeramt beworben, per Interview. Das ist nicht nur ungewöhnlich – alle Jobs sind besetzt – sondern auch ungehörig. Für so etwas wird man von Partei und Kanzlerin gerufen. Trotzdem hat der 63-Jährige, der fast CDU-Vorsitzender geworden wäre, Chancen. Die nächste kommt im Mai. Auf Druck reagiert Angela Merkel in Personalfragen gewöhnlich nicht. Und so ließ sie auch dementieren, dass sie eine Regierungsumbildung plane. Die Frage stelle sich nicht, so ihr Sprecher. Doch die Merz-Anhänger sind stark. Und sie fordern eine Entschädigung für die knappe Niederlage ihres Idols beim Hamburger CDU-Parteitag. Sie fordern den Kopf des Wirtschaftsministers und Merkel-Vertrauten Peter Altmaier. Der 60-Jährige soll für den Manager Merz Platz machen. Auch die neue Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer weiß, dass sie Merz etwas anbieten muss, um das andere Lager einzubinden.

Merz legte die Latte ein bisschen höher

Letzten Donnerstag traf sich „AKK“ mit ihm, ohne Ergebnis. Das Gespräch soll im Januar fortgesetzt werden. Wohl um dafür die Latte höher zu legen, gab Merz nun sein Interview: „Ein solches (Minister-)Amt würde ich mir aufgrund meiner Erfahrung in der Wirtschaft und Politik zutrauen“, sagte er und fügte treuherzig hinzu: Die Entscheidung sei natürlich „Sache der Kanzlerin“.

Dass Merkel so einfach nachgibt, ist nahezu ausgeschlossen. Denn Altmaier ist ihr treuer Gehilfe seit vielen Jahren. Auch Kramp-Karrenbauer, Saarländerin wie er, ist Altmaier eng verbunden und loyal zu ihm. Merkel würde Altmaiers Job allenfalls dann freigeben, wenn sie für ihn etwas Gleichwertiges hat. Das könnte für den beurlaubten EU-Beamten und Europafan eigentlich nur ein Job in Brüssel sein.

Dort geht passenderweise EU-Kommissar Guenther Oettinger (CDU), doch sind die Aussichten für Altmaier auf die Nachfolge sehr unsicher. Den Job wollen auch die Sozialdemokraten beanspruchen, die finden, dass sie nach zehn Jahren Kommissions-Abstinenz wieder dran sind, wie ihr Fraktionsvize Axel Schäfer unserer Redaktion sagte. Falls Manfred Weber (CSU), als europaweiter Spitzenkandidat der Christdemokraten Kommissionspräsident wird, hat sich das Thema sowieso erledigt. Denn mehr als einen Posten bekommt Deutschland nicht. Falls nicht, wäre auch Weber ein möglicher Bewerber. Unabhängig davon werden im Mai nach dem europäischen Urnengang Entscheidungen fallen. Auch für Merz. Weil Justizministerin Katarina Barley Spitzenkandidatin der SPD ist und ins EU-Parlament wechselt, ist eine Kabinettsumbildung unumgänglich. Ihre Stelle wird SPD-intern nachbesetzt, wohl mit der fleißigen Eva Högl aus Berlin. Auch die anderen Koalitionspartner könnten einige Problemfälle lösen.

Die Abdankung von Seehofer ist überfällig

Allen voran die CSU, bei der die Abdankung von Innenminister Horst Seehofer überfällig ist. Wahrscheinlich würden die Christsozialen Stephan Mayer (45) auf den Posten hieven, der schon jetzt Innen-Staatssekretär ist. Falls nicht Landesgruppenchef Alexander Dobrindt selbst zugreift. Auch die CDU, könnte dann einen Personalwechsel verkünden. Schwächster Punkt ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die die Bundeswehr auch in fast sechs Jahren nicht in den Griff bekommen hat. Das Verteidigungsministerium gehört zu den klassischen Ressorts. Merz‘ Anhänger könnten sich kaum beschweren. Andererseits wäre es ziemlich perfide. Denn im Wehrressort muss man viel arbeiten – und kann sich leicht ein blaues Auge holen.