Analyse: Der schwierige Weg zu mehr Organspenden
Das geltende Recht führt dazu, dass viele Menschen sterben müssen. Ein Gesetz soll helfen.
Berlin. 12 500 Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan. Alle acht Stunden stirbt nach Angaben der Deutschen Stiftung für Organtransplantation ein auf der Warteliste stehender Mensch. Und das, obwohl nach Umfragen drei Viertel der Deutschen bereit wäre, nach ihrem Tod ein Organ zu spenden. Der Haken: Nur 17 Prozent haben einen Organspenderausweis. Bei den anderen könnten zwar die Angehörigen der Organentnahme zustimmen. Jedoch sagen die im Moment der Todesnachricht häufig Nein.
Wie kommt man heraus aus diesem Dilemma? Noch wird gestritten — so wie am Mittwoch auf der Gesundheitsminister-Konferenz und im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die Diskussion verläuft so:
Nach dem Transplantationsgesetz gilt derzeit eine erweiterte Zustimmungslösung: Die Organentnahme nach dem Tod ist nur dann möglich, wenn ein Dokument, das der Betroffene zu Lebzeiten ausgefüllt hat, seine Spendebereitschaft belegt. Oder wenn die Angehörigen der Transplantation zustimmen. Weil das zu dem geschilderten Mangel an Organspendern führt, werden zwei Vorschläge diskutiert:
Die Widerspruchslösung ist der radikalste Ansatz. Danach wird einfach von einem Einverständnis ausgegangen. Jeder kann nach seinem Hirntod zum Organspender werden, wenn er das nicht ausdrücklich abgelehnt hat. Diese weitgehende Lösung hat wenig Chancen. Wolfgang Huber, früherer Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, bringt die Kritik mit dem Wort von der „Organbereitstellungspflicht“ auf den Punkt. Der Staat, so sagen die Kritiker, dürfe sich nicht anmaßen, jeden Bürger ungefragt zum Organspender zu erklären. Das verstoße gegen die Menschenwürde. Weit mehr Chancen hat deshalb der
Nach der Entscheidungslösung wird der Bürger mindestens einmal im Leben gefragt, ob er nach seinem Tod Organe spenden möchte. Dann kann er Ja oder Nein sagen — und diese Entscheidung später auch wieder ändern. Wie das praktisch aussehen könnte, sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder: „Diese Bitte um Entscheidung kann beim Erwerb des Führerscheins geschehen. Denkbar ist auch, die Ausstellung von Pass oder Personalausweis dafür zu nutzen.“ Aber auch diese „Bitte um Entscheidung“ ist nicht unumstritten. So sagt etwa Eugen Brysch, Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung: „Niemand darf zu einer Entscheidung gezwungen werden. Organspende muss ein Akt der Selbstbestimmung sein.“