Analyse: Die SPD wettert gegen Merkels Euro-Rettung

Krise der FDP überschattet die Regierungserklärung der Kanzlerin zu den Gipfel-Beschlüssen.

Berlin. Frank-Walter Steinmeier hat 22 Minuten zugehört. Gleich ist er an der Reihe. Es geht um Europa, es geht um Stabilität, es geht um das große Ganze. Bei Europa ist der frühere Außenminister gesetzt, erst recht als SPD-Fraktionschef. Von seiner Vorrednerin hätte Steinmeier gerne ein Wort zu einem anderen Thema gehört: zur FDP. Sein Blick wandert zur Regierungsbank, wo Angela Merkel neben ihrem Wirtschaftsminister Philipp Rösler sitzt, der als FDP-Vorsitzender nach dem Kompass für den Weg der Liberalen durch den nächsten Sturm sucht.

Ein Wort zur FDP in der Regierungserklärung der Kanzlerin über die Ergebnisse des EU-Gipfels aus der vergangenen Woche? Steinmeier rechnet so: Ist die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Europas stärkster Volkswirtschaft nicht stabil, kann auch die angestrebte Fiskalunion, die nach Merkels Worten zugleich eine „Stabilitätsunion“ ist, nicht stabil sein. Mit Konsequenzen für Europa.

Merkel selbst lobt die Gipfelbeschlüsse als „zentrale politische Weichenstellung“, als „Korrektur von Konstruktionsfehlern“. „Weit offen“ sei jetzt die Tür zur europäischen Fiskalunion, was vor Monaten noch „undenkbar“ gewesen wäre. Ein Erfolg: Der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM werde nun schon 2012 und somit ein Jahr früher als geplant aufgespannt. Dafür müssten alle Länder einzahlen, nicht nur jene mit der höchsten Bonität (AAA) wie Deutschland. Außerdem bleibe es bei der vereinbarten Haftungsobergrenze von 500 Milliarden Euro.

SPD-Fraktionschef Steinmeier sieht dagegen zusätzlich zur Euro-Krise durch die Beschlüsse des EU-Gipfels eine „veritable Verfassungskrise“. Mit dem geplanten neuen Vertrag für 25 oder 26 der 27 EU-Staaten zur Überwindung der Krise begebe sich die EU „auf einen politisch und rechtlich völlig unkalkulierbaren Weg“. Im Zweifel könne sich ein EU-Mitgliedsstaat auf das geltende EU-Recht des Vertrages von Lissabon berufen. Steinmeier: „Der Fiskalpakt ist ein Scheinriese.“

Am Morgen macht die Meldung die Runde, dass die Beschlüsse des EU-Gipfels zu einer Korrektur der deutschen Haushaltspläne für 2012 zwingen. Demnach wird ein Nachtrag von 4,3 Milliarden Euro fällig.