Kritik wird lauter: Wulff soll sich zu Kredit äußern

Berlin (dpa) - Die Kritik an Bundespräsident Christian Wulff wegen eines umstrittenen Privatkredits von 500 000 Euro wird lauter. Politiker der Opposition und andere fordern Aufklärung oder sogar eine Entschuldigung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkte Wulff dagegen den Rücken.

Das Staatsoberhaupt habe ihr „vollstes Vertrauen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Kanzlerin sehe keinen Grund, an den Angaben Wulffs zu zweifeln.

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass Wulff 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident einen Privatkredit über eine halbe Million Euro von der Frau des Unternehmers Egon Geerkens erhalten hatte. Im Landtag in Hannover hatte er diesen Kredit aber nicht angegeben, als er nach geschäftlichen Beziehungen zu dem Unternehmer gefragt wurde. Das Bundespräsidialamt hatte am Dienstag Darstellungen zurückgewiesen, dass Wulff damit getäuscht hat. Mit dem Kredit hatten er und seine Frau ein Haus gekauft.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte der „Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstag): „Ich erwarte von der Bundeskanzlerin, dass sie Christian Wulff dazu bringt, alles offen zu legen und sich zu entschuldigen.“ Das müsse jetzt passieren und nicht irgendwann, sagte Künast mit Hinweis auf die Weihnachtsansprache des Staatsoberhaupts. „Eine Ansprache zum Gabenfest, ohne dass der Bundespräsident Klarheit in eigener Sache geschaffen hat, ist für mich jedenfalls völlig unvorstellbar.“

Auch aus Sicht der Organisation Transparency International Deutschland muss Wulff alle Vorwürfe schnell aufklären. „Transparenz ist hier wirklich das Gebot der Stunde“, sagte die Vorsitzende Edda Müller. Wulff habe im niedersächsischen Landtag zwar nicht die Unwahrheit gesagt, aber auch nicht die vollständige Wahrheit. Das solle er schnell nachholen. Der Bundespräsident kehrte in der Nacht zum Mittwoch von einer sechstägigen Reise in die Golfregion zurück. Zu den Vorhaltungen hat er sich bislang nicht öffentlich geäußert.

Der Politikberater Michael Spreng forderte Wulff auf, persönlich an die Öffentlichkeit gehen. Der Bundespräsident dürfe nicht weiter seine Beamten vorschicken, sagte Spreng im Deutschlandfunk. Er sprach von „juristischer Trickserei“ Wulffs: „Er hat die Wahrheit gesagt, aber nicht die ganze Wahrheit.“

Ebenso wie Merkel stärkte auch FDP-Chef Philipp Rösler dem Bundespräsidenten den Rücken. In der „Passauer Neuen Presse“ nahm er seinen langjährigen Weggefährten gegen den Vorwurf der Täuschung in Schutz. „Der Bundespräsident hat erklärt, er habe sich damals korrekt verhalten. Ich habe überhaupt keinen Anlass, an dieser Aussage zu zweifeln“, sagte der heutige Bundeswirtschaftsminister, der seinerzeit als FDP-Fraktionschef und Minister in Hannover eng mit Wulff zusammengearbeitet hatte.

Unterstützung für Wulff auch von Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU): „Ministerpräsident Wulff hat im Frühjahr 2010 eine parlamentarische Anfrage zu diesem Themenkomplex formal korrekt beantwortet“, sagte Wulffs Nachfolger dem Radiosender Hitradio Antenne. Er bedauerte, dass das Staatsoberhaupt zum Gegenstand einer parteipolitischen Auseinandersetzung werde. „Das ist eigentlich bislang in Deutschland unüblich gewesen.“ Das Ganze sei „eine private Angelegenheit des Bundespräsidenten“.

Wulff hatte seinen Weihnachtsurlaub 2009 in der Florida-Villa des Unternehmers Geerkens verbracht. Der Flug nach Miami brachte ihm die sogenannte Air-Berlin-Affäre ein, weil er und seine Frau Bettina sich von der Fluggesellschaft kostenlos von der Economy in die Business Class hochstufen ließen. Der Grünen-Politiker Stefan Wenzel fragte Wulff daraufhin Anfang 2010 auch nach geschäftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens, die die niedersächsische Staatskanzlei verneinte.

Geerkens, dessen Frau Edith 2008 das Darlehen an Wulff gegeben hat, betonte, dass er keinerlei geschäftliche Vorteile aus der Beziehung zu dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten gehabt habe: „Irgendwelche Vorteile für mein Geschäftsleben spielten schon deshalb keine Rolle, weil es für mich seit 2003 kein Geschäftsleben in Deutschland mehr gibt. Ich lebe seitdem mit meiner Familie in der Schweiz“, sagte er „Focus Online“.

Nach einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ (Online) soll Geerkens den späteren Kredit Wulffs bei der BW Bank mitangebahnt haben. Die BW Bank habe seit Jahren intensive Geschäftsbeziehungen zur Familie Geerkens unterhalten. Darüber sei auch der Kontakt zwischen der BW Bank und Wulff entstanden. Mit Hilfe eines Kredits der BW Bank löste Wulff 2010 das Darlehen ab, das ihm Geerkens Ehefrau Edith gewährt hatte.

Das Online-Magazins „Stern.de“ berichtete, der Privatkredit von Geerkens Frau an Wulff sei nur 14 Tage nach einer gemeinsamen Reise von Egon Geerkens mit Wulff nach China und Indien zustandegekommen. Geerkens war demnach 2008 und 2009 insgesamt dreimal Mitglied einer Wirtschaftsdelegation Wulffs - obwohl er in Niedersachsen nicht mehr geschäftlich aktiv war.