Böhnhardt-Mutter sieht Zschäpe als gleichberechtigt an

München (dpa) - Die Mutter des mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt hat Beate Zschäpe als gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe beschrieben.

Das könnte den Anklagevorwurf der Mittäterschaft an den Attentaten des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) stützen. „Ich kann Ihnen nicht sagen, wer dominant war und wer der Nachläufer“, sagte Brigitte Böhnhardt am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. „Ich kann ihnen nur sagen, sie waren gleichberechtigt, Freunde.“

Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe Mittäterschaft an allen Attentaten des NSU vor. Sie sei gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe gewesen und habe für die legale Fassade während des Lebens im Untergrund gesorgt. Insgesamt werden der Gruppe zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge zur Last gelegt.

Brigitte Böhnhardt war in ihrer Aussage am Mittwoch sichtlich bemüht war, die Hauptangeklagte positiv darzustellen. Als ihr Sohn 1995 oder 1996 Zschäpe als Freundin mit nach Hause brachte, habe sie sich gefreut, sagte Brigitte Böhnhardt. „Ich fand sie auf Anhieb sympathisch, sie war höflich und nett.“ Äußerlich habe nichts an ihr auf eine rechte Gesinnung hingedeutet. Auch bei Familienfeiern sei sie dabei gewesen: „Sie gehörte einfach zur Familie.“

Dabei hatte sich Zschäpe der Anklage zufolge seit 1995 aktiv in der rechten Szene in Jena beteiligt. Die Wahrnehmung der Mutter war eine andere: „Sie war immer freundlich, so dass sie für mich nach wie vor dieses Mädchen bleibt: Uwes erste feste Freundin.“

Die pensionierte Lehrerin schilderte am zweiten Tag ihrer Zeugenaussage in NSU-Prozess, wie Zschäpe sie anrief, nachdem sich ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen hatten. „Es ist ihr sicherlich ganz schwer gefallen, die Eltern zu informieren“, sagte Brigitte Böhnhardt. Später wandte sie sich direkt an die Hauptangeklagte: „Danke, dass Du's trotzdem gemacht hast.“

Zschäpe schaute die Mutter ihres ehemaligen Freundes aufmerksam an, zeigte aber keine eindeutige Reaktion. Mundlos hatte am 4. November 2011 zunächst Böhnhardt und dann sich selbst erschossen, um der Festnahme zu entgehen. Am nächsten Morgen gegen sieben Uhr habe Zschäpe sie angerufen, erzählte Brigitte Böhnhardt. „Ich bin ihr eigentlich heute noch dankbar dafür, dass wir noch vor der Polizei wussten, was passiert war.“ Zunächst habe sie gedacht, die drei Untergetauchten wollten sich stellen. Dann aber habe Zschäpe gesagt: „Der Uwe kommt nicht mehr.“

Erst als sie ausdrücklich darauf angesprochen wurde, äußerte Brigitte Böhnhardt ihr Bedauern gegenüber den Angehörigen: „Ich habe nicht nur Mitleid, ich habe Mitgefühl, und Mitgefühl bedeutet, ich fühle mit ihnen.“

Brigitte Böhnhardt versuchte sichtlich, das Andenken ihres Sohnes so weit wie möglich zu schützen. Seine letzten Worte, die Beate Zschäpe ihm ausgerichtet hatte, wollte sie zunächst nicht verraten. Erst nach mehrmaligem Nachhaken sagte sie: Zschäpe habe ihr ausgerichtet, Böhnhardt habe seine Eltern sehr geliebt. Noch immer komme sie nicht damit klar, dass ihr Sohn zehn Menschen ermordet haben soll. „Ich kann mir unmöglich vorstellen, dass er diese Taten begangen haben soll. Es wird vielleicht jede Mutter hier verstehen, dass ich mich an die vage Möglichkeit klammere, dass es vielleicht doch so nicht war.“