FDP-Entscheid über Euro-Rettung Gradmesser für Rösler

Berlin (dpa) - Schicksalstag für die FDP: An diesem Freitag legt die angeschlagene Partei von Philipp Rösler das Ergebnis ihres Mitgliederentscheids über den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM vor.

Ein Nein gegen den geplanten Europäischen Stabilitätsmechanismus, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Euro-Ländern vereinbart hat, würde die Koalition aus Union und FDP schwer belasten.

Der designierte Generalsekretär Patrick Döring appellierte an seine Partei, das Ergebnis unabhängig vom Ausgang geschlossen mitzutragen. Einen Zeitungsbericht, wonach der Entscheid gescheitert sei, dementierte die FDP am Donnerstagabend.

Rösler geriet weiter in die Kritik. Nach dem Rücktritt von Christian Lindner als Generalsekretär wird der Ruf nach einer Mischung aus jungen und erfahrenen Politikern an der Parteispitze laut. Die „Boygroup“ um Rösler, Lindner und Gesundheitsminister Daniel Bahr an der Parteispitze sei gescheitert, hieß es. Führende Liberale berieten bereits über einen vorgezogenen Parteitag vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai, hieß es aus der FDP.

Parteisprecher Wulf Oehme dementierte einen Bericht der „Frankfurter Rundschau“ („FR“/Freitag), wonach der Mitgliederentscheid an der hohen Zahl ungültiger Stimmen gescheitert sei. Er verwies darauf, dass auch der Posteingang von diesem Freitag bei der Auszählung noch berücksichtigt werde. Sie werde erst anschließend - wohl gegen Mittag - beendet sein, sagte Oehme der Nachrichtenagentur dpa.

Nach dem Bericht der „FR“ sollen sich zwar mehr Parteimitglieder an der Abstimmung beteiligt haben als die nötigen 21 499. Etwas mehr als 2000 Stimmen seien allerdings als nicht gültig erklärt worden, weil neben dem Wahlzettel nicht die erforderliche persönliche Erklärung beilag. Damit sei das Quorum aus formal-juristischen Gründen nicht erfüllt. Aufgerufen waren 65 000 Mitglieder.

Sollte sich der FDP-Bundestagsabgeordnete und Euro-Rebell Frank Schäffler bei dem von ihm initiierten Mitgliederentscheid mit der Ablehnung des ESM durchsetzen, gerät die FDP im Parlament in einen Loyalitätskonflikt. Entweder müsste sie für den ESM und damit gegen die eigene Partei stimmen, oder aber gegen den ESM und damit gegen die eigene Regierung. Das würde die Koalition gefährden.

Der ESM folgt auf die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), den Rettungsschirm für notleidende Euro-Länder. Der ESM soll Mitte 2012 den befristeten EFSF ablösen. Bei beiden Fonds geht es um Kredite von mehreren hundert Milliarden Euro.

Döring sagte im ZDF-Morgenmagazin: „Wir müssen uns nach dem Ausgang hinter dem Ergebnis versammeln und es gemeinsam vertreten. (...) Die nächsten Tage sind voll auf die neue Geschlossenheit der FDP gerichtet.“ Entscheidend sei, dass sich die FDP nicht erneut in Personaldebatten verstricke. Er zeigte sich optimistisch.

Überschattet wurde der erste Tag des designierten FDP-Generalsekretärs in seiner neuen Rolle von einer anderen Nachricht: Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Döring wegen möglicher Fahrerflucht. Mitte November soll er in Hannover mit seinem Privatwagen den Außenspiegel eines anderen Fahrzeuges beschädigt haben, anschließend jedoch weitergefahren sein. „Wir haben Indizien, dass er den Zusammenstoß bemerkt hat und dennoch die Unfallstelle verlassen hat“, sagte Oberstaatsanwältin Irene Silinger der Nachrichtenagentur dpa in Hannover. Döring sei inzwischen schriftlich aufgefordert worden, sich zu dem Vorwurf zu äußern.

Döring sagte der „Bild“-Zeitung (Freitag): „Ich habe, ohne es zu bemerken, mit meinem PKW einen Autospiegel beschädigt. Den Schaden von 200 Euro habe ich bereits vor Tagen reguliert. (...) Die Sache ärgert mich persönlich am allermeisten. (...) In einer verantwortungsvollen politischen Position ist ein Außenspiegel nicht einfach ein Außenspiegel.“

Nach Ansicht des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt hat der überraschende Rücktritt Lindners keine negativen Auswirkungen auf die Regierung. „Wir sind eine Koalition, die zusammenarbeiten kann“, sagte er im ZDF. Die Regierung habe ein starkes Fundament.

Der FDP-Fraktionschef im nordrhein-westfälischen Landtag, Gerhard Papke, forderte Rösler zu mehr Durchsetzungskraft in der Regierung auf. „Wir brauchen klarere Kante gegenüber der Union. Und das ist vor allem Aufgabe des Parteichefs und Vizekanzlers“, sagte Papke der „Financial Times Deutschland“.

Ex-Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) sagte dem Südwestrundfunk, falls im Mitgliederentscheid das Quorum von 21 500 Stimmen nicht erreicht werde, offenbare das auch eine Schwäche der Parteiführung. Schließlich habe sie dann mit ihrer positiven Haltung zum ESM die Mitglieder auch nicht zur Abstimmung mobilisieren können.