Hauen und Stechen bei den Liberalen
Lautstarke Kritik an der Parteiführung. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung wird am Freitag bekannt gegeben.
Berlin. Bloß nichts falsch machen. In einer Telefon-Konferenz hatte Patrick Döring eine Sünde gebeichtet: „Ich habe, ohne es zu bemerken, mit meinem PKW einen Auto-Spiegel beschädigt.“ Das war vor zwei Wochen.
Der amtierende Generalsekretär der FDP habe den Schaden in Höhe von 200 Euro schon beglichen. Aber der juristische Vorwurf ist klar: Fahrerflucht. Das ist keine Bagatelle, ließe sich aber mit einem Bußgeld angesichts des geringen Schadens regeln.
Der Schaden, den Döring für die FDP regeln muss, ist ungleich größer. Die Verstimmung in der Parteispitze ist mit Händen greifbar.
Am Donnerstag wurde eine Stellungnahme des FDP-Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle zu den internen Verhältnissen nach dem Rücktritt Christian Lindners als Generalsekretär herumgereicht, dessen Schluss-Satz es nicht an Deutlichkeit vermissen ließ. Brüderle: „Philipp Rösler hat mein Vertrauen.“ Der Pfälzer weiß, dass Loyalitätserklärungen anders aussehen und erst ab dem „vollsten Vertrauen“ authentisch wirken.
Auffallend ist die Schärfe der innerparteilichen Auseinandersetzung: Der Parteivize Volker Zastrow erhebt schwere Vorwürfe gegen den quasi über Nacht ausgeschiedenen Generalsekretär Christian Lindner. Viele in der Parteispitze seien auf „einem persönlichen Ego-Trip“. Das zielt vor allem auf den ausgestiegenen 32-Jährigen.
Grundsätzlicher wird das FDP-Vorstandsmitglied Florian Rentsch. Er verlangt von den heutigen Gremiensitzungen, die eigentlich das Ergebnis des Mitgliederentscheids debattieren sollten, eine „klare und schonungslose Analyse“. Wenn dies nicht geschehen würde, sei dies gleichbedeutend mit dem „endgültigen Ende der FDP“. Rentsch ist Fraktionschef der FDP im hessischen Landtag.
„Was aus der Partei wird, das ist schon hart“, urteilt Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Auch ihn plagen Zukunftssorgen, vor allem wenn die Mitgliederbefragung einen Vorteil für die Rettungsschirm-Kritiker ergibt. Dann gehe „das Hauen und Stechen“ erst richtig los, so Sander.
Generalsekretär Döring forderte im ZDF-Morgenmagazin: „Wir müssen uns nach dem Ausgang hinter dem Ergebnis versammeln.“ Entscheidend sei, dass sich die FDP nicht erneut in Personaldebatten verstricke.
Die Mitglieder hatten bei dem Entscheid die Wahl zwischen zwei Anträgen: Jenem des Euro-Rebellen Frank Schäffler, der weitere Hilfen für in Haushaltsnot geratene Mitglieder des Euro-Raums strikt ablehnt. Und jener des Bundesvorstandes, der sich klar hinter den Kurs der Bundesregierung unter Angela Merkel stellt.
Natürlich wird auch die Frage nach den Perspektiven des Parteivorsitzenden Philipp Rösler gestellt. Das Interview, das er während einer Auslandsreise gab und das die Krisenwoche in der FDP auslöste, kann vor der Veröffentlichung niemand gegengelesen haben, wird im Dehler-Haus moniert: „Jeder halbwegs qualifizierte Sprecher hätte die triumphierende Passage über den Mitgliederentscheid gestrichen.“
Wenn alle Stricke reißen, könne man über einen Sonderparteitag und Neuwahl nachdenken. Übergangskandidat wäre dann der 66-jährige Brüderle.