Lindner-Rücktritt: „Bambi“ geht — vorläufig
Christian Lindner will nicht mehr FDP-Generalsekretär sein. Das Verhältnis zu Parteichef Philipp Rösler war zerrüttet.
Düsseldorf. Bei Christian Lindner muss man zwei Mal auf die biografischen Daten schauen: Er ist tatsächlich erst 32 Jahre alt. In diesem Alter starten andere gerade erst die Berufskarriere. Lindner hat seit Mittwoch schon eine politische Spitzenlaufbahn hinter sich, mit Aussichten auf ein Comeback.
Mit einem „Auf Wiedersehen“ verabschiedete er sich vom Amt des FDP-Generalsekretärs, also von jenem Job, der derzeit der schwierigste in der Bundespolitik ist. Es hat nicht mehr gepasst zwischen ihm und Philipp Rösler, dem ebenfalls jungen FDP-Chef. Als der am Sonntag ohne Absprache mit seinem ersten Parteimanager den Mitgliederentscheid für gescheitert erklärte, war es aus. „Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht“, sagt ein Lindner-Vertrauter.
Allzu oft hatte Lindner zuletzt still gehalten — als Rösler mal eben so die Richtlinienkompetenz in der Außenpolitik für sich reklamierte, als er sich vor dem harten Euro-Streit drückte, als er aus lauter Misstrauen Rainer Brüderle ausgrenzte. Nun war es genug. Lindner geht, aber er bleibt der Hoffnungsträger vieler — gerade auch aus dem mächtigen NRW-Landesverband.
Dort hat er sich die ersten Sporen verdient. Der gebürtige Wuppertaler wuchs in Wermelskirchen auf und engagierte sich früh bei den Liberalen. Er trat der Partei in schweren Zeiten bei — im NRW-Landtag war sie nicht mehr vertreten, im Bund stand sie mal wieder vor dem Abgrund. Lindner fiel früh auf als Talent, das rhetorische Gaben und Fleiß auf sich vereinte.
„Bambi“ nannte ihn Jürgen Möllemann, was eine Mischung aus Ironie und Lob war — Möllemann war damals der große Zampano der FDP im Westen, seine Skandale lagen noch in ferner Zukunft.
Bereits mit 21 Jahren kam er 2000 in den Landtag, fiel in der eher farblosen Truppe rasch durch seine forschen Auftritte auf. Der Versuch, auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein, scheiterte — eine Firma meldete Insolvenz an, eine andere verließ Lindner wieder. Erst 2006 schloss er sein Studium als Politikwissenschaftler ab. Da stand schon längst ein Porsche 911 in der Garage.
NRW war spätestens seit dem Wahlerfolg 2005 die liberale Herzkammer der Republik. Der Bonner Guido Westerwelle wurde Bundesparteichef und förderte Lindner nach Kräften, zusammen mit dem Münsteraner Daniel Bahr machte er sich vor zwei Jahren daran, auch die Bundespolitik aus den Angeln zu heben.
Das ist vorbei — vorerst. Weggefährten sind sich sicher: Lindner kommt wieder. Politik ist schließlich seine Leidenschaft — aber auch sein Beruf.