Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist der Umfragekönig
Die meisten Bürger wollen den Außenminister als Bundespräsidenten und sie wollen ihn direkt wählen.
Berlin. Laut einer neuen Umfrage haben die meisten Deutschen im Moment zwei Wünsche an die Politik: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) soll neuer Bundespräsident werden, das sagen 52 Prozent der Bürger. Und fast 70 Prozent wünschen sich eine Direktwahl des Staatsoberhauptes durch das Volk. Doch werden diese Wünsche auch wahr?
Mit der eigenen Beliebtheit hat Frank-Walter Steinmeier so seine Erfahrungen gemacht. 2009 ging er als Kanzlerkandidat der SPD ins Rennen, weil er in Umfragen der populärste deutsche Politiker war. Am Ende fuhr er bei der Bundestagswahl mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Sozialdemokraten ein.
So gemein können Wähler sein. Kürzlich verkündeten die Demoskopen sogar erneut, dass Steinmeier aus Sicht der Bürger ein besserer Herausforderer von Angela Merkel sei als SPD-Chef Sigmar Gabriel. Kanzlerkandidat, Bundespräsident, der oberste Diplomat der Republik ist derzeit offenbar der Umfragekönig. Was auch mit seiner Position zu tun hat: Traditionell genießt der Außenminister in der Bevölkerung ein hohes Ansehen. Selbst der umstrittene FDP-Mann Guido Westerwelle schaffte es als Chef des Auswärtigen Amtes von 2009 bis 2013, sich in der Beliebtheitsskala weit nach vorn zu arbeiten.
Tatsächlich ist es derzeit so, dass hinter den Kulissen Beratungen laufen, ob die Sozialdemokraten die vage Möglichkeit einer Mehrheit aus SPD, Linkspartei und Grünen nutzen sollen, um im Februar bei der Wahl des Bundespräsidenten ein rot-rot-grünes Signal der Unabhängigkeit von der Union zu setzen. Oder aber, ob man den Konsens mit dem Koalitionspartner suchen soll. Steinmeier wäre sicherlich ein guter Kandidat, nicht zuletzt wegen des Rückenwindes aus der Bevölkerung. "Einen bloßen Zählkandidaten ohne Erfolgschancen werden wir keinesfalls ins Rennen schicken", ist bei der SPD zu hören.
Das ist die Crux. Denn ob Steinmeier auch bei den anderen Parteien durchsetzbar wäre, ist fraglich. Die Linke hadert mit seiner Außenpolitik und damit, dass der 60-Jährige zu den Architekten der verhassten Agenda 2010 gehört. Außerdem wollen Linke und Grüne am liebsten eine Frau für die Präsidentschaft nominieren. Und mit Blick auf die Union hält sich in Berlin hartnäckig das Gerücht, Merkel habe Steinmeier als Kandidaten für Bellevue schon abgelehnt.
Der bei den Bürgern so Beliebte betont freilich selbst: "Es sind acht Monate Zeit." Wie alle, die auf dem Kandidatenkarussell sitzen, legt sich auch Steinmeier nicht fest. Erst muss sondiert werden. Annehmen darf man freilich, dass der gebürtige Detmolder eher in Bellevue einzieht, als dass das Staatsoberhaupt künftig direkt vom Volk gewählt werden wird. Obwohl eine Mehrheit der Bürger sich das wünscht.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) meinte kürzlich dazu: "Ich bin heilfroh, dass wir in Deutschland den Bundespräsidenten in einer eigens zu diesem Zweck zusammengerufenen Bundesversammlung wählen und nicht in einer Direktwahl." Da hatte er die Ereignisse bei der Präsidentschaftswahl in Österreich vor Augen. Hierzulande hat der Präsident deutlich weniger Macht und Einfluss als in der Alpenrepublik. Eine Direktwahl würde seine von der Verfassung vorgegebene Stellung in Frage stellen.
"Der Bundespräsident soll aber kein Ersatzkanzler werden", so unlängst Unionsmann Michael Grosse-Brömer. Auch die SPD findet, dass sich "das System zur Wahl des Bundespräsidenten in den vergangenen Jahrzehnten bewährt hat". Kurzum: Die Idee kommt immer dann auf, wenn über die Neuwahl eines Bundespräsidenten diskutiert wird. Doch danach verschwindet sie genauso wieder in der Versenkung.